27.07.2023

News aus der Branche

News aus der Branche

Nachfolgende Texte wurden in ähnlicher Form in der InsbürO - einer Zeitschrift für die Insolvenzpraxis - veröffentlicht. Die Zeitschrift erscheint im Carl Heymanns Verlag, Wolters Kluwer Deutschland GmbH. Unsere Mitarbeiterin Michaela Heyn ist Schriftleiterin und Mitherausgeberin dieser Zeitschrift.

Juli 2023: InsbürO 2023, 254 ff.

 

Gesetzliche Änderungen

Neue Pfändungstabelle ab 01.07.2023

Wie schon im vorherigen Heft[1] mitgeteilt, ist die Pfändungsgrenze zum 01.07.2023 auf 1.409,99 € angehoben worden.[2] Heute weisen wir noch einmal darauf hin. Seit 2021 erfolgt eine jährliche Anpassung. Diese wurde durch das Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz eingeführt und ist in § 850c Abs. 4 Satz 2 ZPO geregelt. Um Ihnen im Arbeitsalltag die Nutzung der neuen Pfändungstabelle zu erleichtern, finden Sie in diesem Heft eine Beilage mit den neuen Werten.

 

Für den Praxisalltag des Insolvenzbüros

Think Tank Legal Tech nimmt Arbeit in NRW auf

Einer Meldung im Anwaltspraxis Magazin ist zu entnehmen, dass der Think Tank [3] Legal Tech [4] und Einsatz von KI in der Justiz NRW seine Arbeit zum 01.03.2023 aufgenommen hat. Er ist beim Zentralen IT-Dienstleister der Justiz des Landes NRW (ITD) angesiedelt. In der Meldung heißt es weiter: „Der Think Tank soll als Kontakt- und Koordinierungsstelle für Digitalisierungsinitiativen sowie als Katalysator für Veränderungen einen echten Mehrwert für die Gerichte und Staatsanwaltschaften durch Legal Tech und KI erzielen. Zu seinen Aufgaben gehört es, über die zahlreichen bundesweiten Projekte in den Bereichen Legal Tech und KI ständig informiert zu sein und auf dieser Grundlage bedarfsorientierte Projekte anzustoßen. Er ist länderübergreifend vernetzt und tauscht sich mit den Fachleuten aus Wissenschaft, Praxis, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zur Digitalisierung und der Einführung von Legal Tech und KI in der Justiz aus. … Der Think Tank wird an einer nachhaltigen digitalen Transformation der Justiz arbeiten. …“ Wir werden also (hoffentlich) in naher Zukunft Veränderungen hin zu einer modernen Justiz sehen. Wer den vollständigen Text lesen möchte, kann dies über www.anwaltspraxis-magazin.de > Suchbegriff „Think Tank“ > Meldung vom 14.04.2023 tun.

 

Neues von (insolvenzrechtlichen) Verbänden

VID-Stellungnahme zum RefE des Zukunftsfinanzierungsgesetzes

Der VID [5] erläutert einleitend, warum es in dem Gesetz geht und beschränkt sich in der Stellungnahme dann auf den insolvenzrechtlichen Bezug. So heißt es dort auszugsweise: „Der vorliegende Referentenentwurf dient der Finanzierung zukunftssichernder Investitionen. So sollen zahlreiche Anreize für Investitionen in die deutsche Wirtschaft geschaffen werden, um langfristig die Leistungsfähigkeit des Kapital- und Finanzmarkts zu stärken. [6] Das Artikelgesetz ändert 29 verschiedene Gesetze bzw. Verordnungen, mitunter auch solche, die insolvenzrechtliche Bezüge aufweisen. So sieht der Entwurf in Art. 19 des ZuFinG, der die Änderungen des KWG betrifft, die Einführung besonderer Pflichten bei der Verwahrung von Kryptowerten vor. …“ Bei der Änderung des eWpG[7] bestehe grds. keine sehr hohe Relevanz für die Insolvenzverwalterpraxis. Bei den Änderungen des KWG[8] werden dagegen drei Themenbereiche angesprochen: Die Vermögenstrennung (§ 26b KWG-E) (1.), die Zuordnung verwahrter Kryptowerte (§ 46i Abs. 1 und Abs. 2 KWG-E) (2.) und die Kosten der Aussonderung (§ 46i Abs. 3 KWG-E) (3.). So heißt es dazu in der Stellungnahme auszugsweise: „(1.) … § 26b Abs. 2 KWG-E gibt dem Kryptoverwahrer die Möglichkeit, über Kryptowerte seiner Kunden auch für eigene Rechnung oder für Rechnung einer anderen Person zu verfügen. Hierfür ist die „ausdrückliche Einwilligung“ des Kunden erforderlich. …  Allerdings ist nicht näher erklärt, welche Anforderungen an die „ausdrückliche Einwilligung“ zu stellen sind. …  Im Insolvenzfall ist der Insolvenzverwalter ggf. gehalten, die Rechtmäßigkeit einer solchen Einwilligung zu überprüfen. Dies kann umso aufwändiger sein, je unschärfer die gesetzlichen Anforderungen sind. … (2.) … Durch die Zugehörigkeitsfiktion des § 46i KWG-E wäre bei einem vollstreckungsrechtlichen Zugriff auf die verwahrten Kryptowerte eine Drittwiderspruchsklage der Kunden gem. § 771 ZPO möglich. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Verwahrers steht dann den Kunden insoweit auch ein Aussonderungsrecht gem. § 47 InsO zu. … (3.) …Zudem regelt § 46i Abs. 3 KWG-E die Kosten der Aussonderung. … § 46i Abs. 3 KWG-E belastet Insolvenzverwalter und die Insolvenzmasse und damit die anderen Gläubiger stärker, als es in anderen Rechtsordnungen vorgesehen ist. … Vorzugswürdig ist und bleibt jedoch eine vollständige Kostentragung des die Aussonderung fordernden Gläubigers: „… Verlangt der Kunde im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Instituts die Aussonderung …, trägt der Kunde die Kosten der Aussonderung.“ Den weiteren bisher vorgesehenen Halbsatz „und soll die Aussonderung nicht durch Übertragung auf ein anderes Institut erfolgen, das das Kryptoverwahrgeschäft betreibt“, was zu einer Kostenbelastung für die Insolvenzmasse führen würde, möchte der VID streichen. Die vollständige 8-seitige Stellungnahmen finden Sie über www.vid.de > Gesetzgebung > Stellungnahmen > 10.05.2023 > ZuFinG.

 

VID-Stellungnahme zum RegE des Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetzes

Wir hatten im Maiheft bereits die Stellungnahme des VID [9] zum damaligen Referentenentwurf [10] des Gesetzes vorgestellt (InsbürO 2023, 174). Nunmehr liegt der Regierungsentwurf vor und der VID hat erneut Stellung dazu genommen. Darin heißt es auszugsweise: „Die im Entwurf des VDuG vorgesehenen Regelungen zum Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmers (§ 38 VDuG) sowie die im geplanten Umsetzungsverfahren vorgesehenen Regelungen zum gerichtlich bestellten Sachwalter (§§ 23 ff. VDuG) begegnen aus insolvenzrechtlicher Sicht erheblichen Bedenken, … Die Regelungen des § 38 VDuG-E zur Insolvenz des Unternehmers finden in der umzusetzenden Richtlinie kein Vorbild und gehen über diese hinaus. Sie werfen, insbesondere im Hinblick auf die Bildung sog. Sondermassen, grundlegende insolvenzrechtliche Fragen auf. Aufgrund der geplanten weitreichenden Eingriffe und der Anwendung der neuen Regelungen bereits ab 25.06.2023 sollte eine übereilte Regelung dringend vermieden werden. Es empfiehlt sich eine eingehende Prüfung, ob die hier formulierten Regelungen nicht besser in der InsO angesiedelt werden sollten. … Die geplanten Regelungen zum Sachwalter (§§ 23 ff. VDuG-E) sollten im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens dringend nachgebessert werden: …“ Insoweit führt der VID 15 einzelne Punkte auf. Wir greifen beispielhaft nur zwei heraus: „Die Unabhängigkeit des Sachwalters ist maßgebliche Bestellvoraussetzung und sollte analog zur Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters inhaltlich klarer gefasst werden. Ferner sollte der Sachwalter verpflichtet sein, entsprechende Fragen zur Unabhängigkeit zu beantworten. … Es sollte klargestellt werden, welche Aufgaben der Sachwalter höchstpersönlich zu erfüllen hat und welche Aufgaben er seinen Mitarbeitern, bzw. Dritten (kostenpflichtig) übertragen kann. …“Die vollständige 25-seitige Stellungnahmen können Sie über www.vid.de > Gesetzgebung > Stellungnahmen > 15.05.2023 > VRUG [11] abrufen.

 

VID-Stellungnahme zum Entwurf einer Neufassung der IDW-Standards IDW ES 2, IDW ES 6 und IDW ES 11

Das IDW[12] gibt bekanntlich unterschiedliche Verlautbarungen heraus. Hierbei handelt es sich um Prüfungsstandards, Stellungnahmen, Praxishinweise etc. Es sind neue Fassungen für die vorgenannten Standards geplant. Die aktuellen Entwürfe stammen aus September 2022. Der VID[13] hat dazu am 19.05.2023 eine Stellungnahme veröffentlicht. Er spricht unterschiedliche Aspekte zu den einzelnen Entwürfen an: (I.) Anforderungen an Insolvenzpläne (IDW ES 2 n.F.): 17 Anmerkungen, (II.) Anforderungen an Sanierungskonzepte (IDW ES 6 n.F.): 9 Anmerkungen, (III.)Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen (IDW ES 11 n.F.): 7 Anmerkungen. Wir greifen daher nur einige Themenbereiche beispielhaft heraus: „(I.) … Rz. 24: …Hier wären u. E. Grundsätze aufzustellen, welche gelten sollen, wenn das Unternehmen fortgeführt wird und der Plan nicht umgesetzt werden würde. Diese Vergleichsrechnung bereitet in der Praxis einige Schwierigkeiten und wird häufig dadurch umgangen, dass eben dann doch die Liquidation als einzige denkbare Alternative dargestellt wird. … Nicht geregelt sind Plangestaltungen im Zusammenhang mit Anfechtungsansprüchen (§ 259 Abs. 3 InsO). Dies ist gestalterisch bedeutsam im Hinblick auf den Fortbestand des Anfechtungsrechts und der Rechtsprechung des BGH zur Unzulässigkeit einer Abwicklungstreuhand und Nachtragsverteilung (Stichwort: Notwendigkeit der Vollrechtsübertragung). Vergleichbare Fragen können sich bei Planregelungen zu Haftungsansprüchen (§ 15b InsO) stellen. … (II.) …Rz. 11, 44 ff. (…): Der Punkt „...Analyse von Krisenstadium und -ursachen...“ sollte ergänzt werden um „...Analyse von Krisenstadium, Krisensignalen und -ursachen...“. Richtig ist, dass ein Sanierungskonzept ohne eine genaue Analyse der Vergangenheit mit einem hohen und nicht abschätzbaren Risiko behaftet ist. Zur genauen Analyse der Vergangenheit gehört in einem ersten Schritt die Feststellung der operativen und strategischen Krisensignale. Darauf aufbauend können dann die Krisenursachen ermittelt werden. Hierbei sind die Krisenursachen von den dargestellten Krisensignalen abzugrenzen, da diese in der Regel zwar eine Krise anzeigen, für diese aber nicht kausal sind. … (III.) … Rz. 52:Sicherlich ist es schwierig, den „richtigen“ Schluss aus der Rechtsprechung des Jahres 2022 des II. und des IX. Senats zu ziehen, insbesondere das Verhältnis der Entscheidungen zu der bisherigen „Liquiditätsbilanzrechtsprechung“ zu entscheiden. Sowohl für die Beurteilung ex ante als auch ex post ist nun aber die Stichtagsbetrachtung maßgeblich zu berücksichtigen. … Schon in den früheren IDW S 11 war das IDW mutig genug, eine andere Auffassung zu vertreten als „der BGH“. Hier nun wäre es angebracht, deutlich zu artikulieren, dass in der Praxis die Stichtagsbetrachtung (Vier-Stichtage-Liquiditätsbetrachtung des II. Senats oder die Aneinanderreihung von 21 Stichtagsbetrachtungen des IX. Senats) Vorrang haben sollte. …“Die vollständige 25-seitige Stellungnahmen können Sie über www.vid.de > Gesetzgebung > Stellungnahmen > 19.05.2023 > IDW ES einsehen.

 


[1] InsbürO 2023, 214

[2] BGBl. 2023, Teil I - Nr. 79 v. 20.03.2023.

[3] Think Tank = Denkfabrik

[4] Legal Tech = Legal Technology = Bereich der Informationstechnik, der sich mit der Automatisierung von juristischen Tätigkeiten befasst

[5] VID = Verband Insolvenzverwalter und Sachwalters Deutschlands e.V.

[6] Abrufbar über www.bmj.de > Service > aktuelle Gesetzgebungsverfahren > Suchmaske „Zukunftsfinanzierungsgesetz“ > Entwurf vom 12.04.2023

[7] eWpG = Gesetz über elektronische Wertpapiere

[8] KWG = Gesetz über das Kreditwesen

[9] VID = Verband Insolvenzverwalter und Sachwalters Deutschlands e.V.

[10] Abrufbar über www.bmj.de > Service > aktuelle Gesetzgebungsverfahren > Suchmaske „Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz“ > Entwurf vom 29.03.2023

[11] Lange Bezeichnung: Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG (kurz: VRUG)

[12] IDW = Institut der Wirtschaftsprüfer

[13] VID = Verband Insolvenzverwalter und Sachwalters Deutschlands e.V.