18.12.2020

News aus der Branche

News aus der Branche

 

Nachfolgende Texte wurden in ähnlicher Form in der InsbürO - einer Zeitschrift für die Insolvenzpraxis - veröffentlicht. Die Zeitschrift erscheint im Carl Heymanns Verlag, Wolters Kluwer Deutschland GmbH. Unsere Mitarbeiterin Michaela Heyn ist Schriftleiterin und Mitherausgeberin dieser Zeitschrift.

 

Dezember 2020: InsbürO 2020, 466 - 470

 

Gesetzliche Änderungen

Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz

Der Bundestag hat am 08.10.2020 den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf (BT-Drs. 19/19850) eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes angenommen. Der Bundesrat hat diesem Gesetz am 06.11.2020 zugestimmt (BR-Drs. 610/20). Im Newsletter über diese Sitzung heißt es auszugsweise wie folgt: „… Die Neuregelungen lösen … Probleme, die bei einer Evaluation des „P-Kontos" aufgezeigt worden waren. Außerdem machen sie die Vorschriften zum Kontopfändungsschutz transparenter. Das Gesetz sieht vor, die Ansparmöglichkeiten auf dem P-Konto zu erweitern. Außerdem enthält es Regelungen zur Nachzahlung von besonderen Leistungen, zur Erteilung und Anerkennung von Bescheinigungen für die Erhöhung des unpfändbaren Grundfreibetrages sowie zum P-Konto in der Insolvenz. … Zum Schutz der Schuldner gibt es künftig eine jährliche Anpassung der Pfändungsfreigrenzen, um der Preisentwicklung genauer Rechnung zu tragen. …“ Das Gesetz soll zum auf die Verkündung folgenden ersten Tag des 13. Kalendermonats in Kraft treten. Das dürfte voraussichtlich der 01.12.2021 sein, wenn das Gesetz noch im November 2020 – nach Druckfreigabe dieser Ausgabe – verkündet wurde, worüber wir in der nächsten Ausgabe berichten werden. Es soll den Beteiligten eine Übergangsfrist gewähren, um sich auf die Änderungen einzustellen. Die Neufassung von § 850c ZPO soll aber zum 01.08.2021 in Kraft treten. Binner hatte die geplanten Neuerungen zuletzt in InsbürO 2020, 275 ff. (Heft 7/2020) vorgestellt. Wir werden Ihnen die jetzt verabschiedeten Regelungen kurz vor dem Inkrafttreten in einem gesonderten Beitrag noch einmal im Detail darlegen. Für einen Einblick in die verabschiedete Fassung können Sie folgenden Weg nutzen: www.bundesrat.de > Plenum > Bundesratkompakt > 995. Sitzung vom 06.11.2020 > TOP 10: Dort finden Sie alle Dokumente (Ausschusszuweisung u.a.) auf einen Blick, die bevorstehenden Änderungen insbesondere in der BT-Drs. 610/20.

 

Neues Wohnungseigentumsgesetz (WEG)

Am 22.10.2020 ist das Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (= Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz - WEMoG) im Bundesgesetzblatt verkündet worden (BGBl. 2020 – Teil 1, Nr. 47, S. 2187). „Das WEMoG ist ein 'Tsunami', der alle Bereiche des WEG erfasst und es durchgreifend ändern will“, so lautet eine Stellungnahme von Dr. Oliver Elzer, der Richter am Kammergericht und u.a. Autor des WEG-Kommentars Hügel/Elzer ist. Für den Insolvenzbereich kann insoweit die Veränderung im Versammlungsrecht von Bedeutung sein, u.a. gäbe es jetzt die Möglichkeit, dass ein durch Beschluss bestimmter Wohnungseigentümer zur Versammlung lade (§ 24 WEG n.F.), dass bei bestimmten Gegenständen ein schriftlicher Mehrheitsbeschluss möglich sei (§ 23 Abs. 3 WEG n.F.) oder dass ein Wohnungseigentümer seine Versammlungsrechte online wahrnehme (§ 23 Abs. 1 WEG n.F.). Außerdem gäbe es keine besonderen Beschlussmehrheiten mehr. Bisher mussten die erschienenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten. Nunmehr sei jede Versammlung beschlussfähig (§ 25 WEG n.F.). Immer wieder gibt es in Insolvenzverfahren auch Wohnungseigentum als Vermögenswert. Mit Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis werden die ursprünglichen Rechte des Wohnungseigentümers nunmehr vom Insolvenzverwalter wahrgenommen. Die neuen Regelungen bieten hier offensichtlich eine erleichterte Wahrnehmung dieser Rechte. Das Gesetz ist am 01.12.2020 in Kraft getreten.

 

Gesetzgebungsverfahren

Verkürzung der Restschuldbefreiungsverfahren

Im Editorial dieser Ausgabe berichtet Grote über die erfolgte Anhörung von Experten zu den angedachten Änderungen nach dem Regierungsentwurf vom 01.07.2020 zur Verkürzung der Laufzeit des Entschuldungsverfahrens ohne Mindestquote auf drei Jahre. Zum Zeitpunkt der Druckfreigabe dieser Ausgabe gab es noch keine abschließende Verabschiedung des Gesetzes. Der Bundesrat – der dem Gesetz zustimmen muss – hatte das Thema erst am 27.11.2020 – nach Freigabe dieses Heftes - auf der Agenda. Von daher werden wir erst im Januarheft Abschließendes berichten können. Aber der VID hat im Hinblick auf die Anhörung vom 30.09.2020 eine weitere Stellungnahme abgegeben, die wir nachfolgend in Auszügen vorstellen.

 

Gesetzesentwurf zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (= SanInsFoG)

Wir hatten bereits im letzten Heft (InsbürO 2020, 427) darüber berichtet, dass das Bundeskabinett am 14.10.2020 den vom BMJV vorgelegten Gesetzentwurf für eine Reform des Insolvenzrechts kurz vor Druckfreigabe der letzten InsbürO-Ausgabe beschlossen hat und zugesagt, in dieser Ausgabe nähere Details vorzustellen. Bundesministerin Lambrecht erklärte zu dem Entwurf: „Die heute beschlossene Reform des Insolvenzrechts ist ein Meilenstein für einen fortschrittlichen und effektiven Rechtsrahmen zur Unternehmenssanierung. … Unternehmen, die eine Mehrheit ihrer Gläubigerinnen und Gläubiger mit einem soliden Plan von ihrer Sanierungsperspektive überzeugen, können ihr Sanierungskonzept künftig auch ohne Insolvenzverfahren umsetzen. … Für die von der Pandemie betroffenen Unternehmen werden nach Inkrafttreten des Gesetzes weitergehende Erleichterungen geschaffen: Sie unterliegen ab dem 01.01.2021 zwar wieder der Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung. Allerdings wird der Überschuldungsprüfung künftig ein gelockerter Maßstab zugrunde gelegt, der auf die derzeitigen Prognoseunsicherheiten Rücksicht nimmt. … Künftig soll es keinen Grund mehr für die Inanspruchnahme ausländischer Verfahren durch deutsche Unternehmen geben.“ Die Pressemitteilung finden Sie unter www.bmjv.de > Presse > Pressemitteilungen > 14.10.2020. Am Ende dieser Meldung ist eine Verlinkung zum Regierungsentwurf.

Der Regierungsentwurf enthält 265 Seiten. Maßgeblich darin ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Art. 1 des SanInsFoG), das 54 Seiten umfasst. Hierzu wird einleitend im Entwurf auszugsweise erläutert: „Die Instrumentarien des Rahmens sollen im Stadium der drohenden und noch nicht eingetretenen Zahlungsunfähigkeit zur Verfügung stehen. Vollstreckungs- und Verwertungssperren zur Wahrung der Erfolgsaussichten eines Restrukturierungsvorhabens sollen erwirkbar sein, wenn die Restrukturierung gut vorbereitet ist und wenn das Unternehmen während des Verfahrens fortgeführt werden kann. Liegen bereits Rückstände gegenüber Arbeitnehmern, Sozialversicherungsträgern, dem Finanzamt oder Lieferanten vor oder ist das Unternehmen in den letzten drei Jahren nicht seinen Rechnungslegungspflichten nachgekommen, sollen solche Sperren nur erwirkbar sein, wenn trotz dieser Umstände zu erwarten ist, dass der Schuldner bereit und in der Lage ist, die Restrukturierung unter Wahrung der Interessen der Gläubigerschaft zu betreiben.“ Zu weiteren Inhalten des Entwurfs finden Sie nachfolgend unterschiedliche Stellungnahme von Verbänden, aus denen wir verschiedene Schwerpunkte auszugsweise vorstellen. Neben der Schaffung des neuen StaRUG ist im Übrigen die Änderung von 23 anderen Gesetzen in dem Gesetzesentwurf vorgesehen. Dazu gehören mit direktem insolvenzrechtlichem Bezug die Änderung der InsO (Art. 5: S. 61 ff.), der InsVV (Art. 6: S. 75 ff.), der InsoBekV (Art. 7: S. 78 f.), der EGInsO (Art. 8: S. 79 f.), des InsStatG (Art. 9: S. 80 ff.) und des COVInsAG (Art. 10: S. 85 f.). Nach Art. 25 des Entwurfs ist – mit wenigen Ausnahmen - ein Inkrafttreten für den 01.01.2021 vorgesehen. Wie nachfolgend aber deutlich wird, wird diese Eile von den Verbänden kritisch gesehen. Wir werden über den weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens berichten und auch eine Synopse veröffentlichen, in der die bisherigen Regelungen im Insolvenzbereich den Neuen gegenübergestellt werden.

 

BMF-Schreiben

Zuständigkeit u.a. für Stundungen, Billigkeitsmaßnahmen und Niederschlagungen

Mit BMF-Schreiben vom 01.10.2020 wurde bekannt gegeben, wer für u.a. vorgenannte Maßnahmen zuständig ist. Teilweise sind die Finanzämter befugt, selbst zu entscheiden, tlw. ist die Zustimmung der Oberfinanzdirektion einzuholen. Bei letzterer gibt es allerdings eine Ausnahme für das Insolvenzverfahren. So ist keine Zustimmung für die Niederschlagung von Insolvenzforderungen (A. III. b) erforderlich. Auch die eigentlich außerhalb der Insolvenz für verschiedene Fälle vorgesehene Zustimmung der zuständigen Landesfinanzbehörde wird bei der Zustimmung zu einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan sowie bei Billigkeitsmaßnahmen über Insolvenzforderungen im Verbraucherinsolvenzverfahren und im Regelinsolvenzverfahren nicht benötigt (B. III.). Das BMF-Schreiben finden Sie unter www.bundesfinanzministerium.de > Service > Publikationen > BMF-Schreiben.

 

Für den Praxisalltag des Insolvenzbüros

Amtliches AO-Handbuch 2020 erstmals online

Nach einer Pressemeldung des BMF vom 06.10.2020 wird das Amtliche AO-Handbuch regelmäßig in gedruckter Form herausgegeben. Erstmals gibt es nun auch eine digital aufbereitete Version. Es bietet eine übersichtliche Darstellung aller notwendigen aktuellen Bestimmungen für die Abgabenordnung. Darin enthalten sind die Abgabenordnung mit dem Anwendungserlass, das Einführungsgesetz zur Abgabenordnung, die Finanzgerichtsordnung, die Datenschutz-Grundverordnung sowie weitere thematisch relevante Gesetzestexte, BMF-Schreiben und Einzelerlasse. Wir hatten über weitere amtliche Handbücher des BMF in digitaler Form schon mehrfach berichtet (zuletzt in InsbürO 2020, 429). Es gibt diese inzwischen zur Einkommensteuer, zur Gewerbesteuer, zur Körperschaftssteuer, zur Lohnsteuer und auch zur Umsatzsteuer. Alle Handbücher finden Sie unter www.bundesfinanzministerium.de > Service > Publikationen > Amtliche Handbücher. Das AO-Handbuch können Sie auch direkt über www.bmf-ao.de abrufen.              

 

Neues von (insolvenzrechtlichen) Verbänden

VID zur Verkürzung der Restschuldbefreiungsverfahren

Der VID hat am 25.09.2020 im Hinblick auf die zuvor bereits genannte Expertenanhörung zur Verkürzung der Restschuldbefreiung ohne Quote auf drei Jahre eine weitere ergänzende Stellungnahme abgegeben. Der VID hatte bereits im April 2020 zwei Stellungnahmen zu dieser Thematik veröffentlicht. Die geplante Verkürzung werde ausdrücklich begrüßt, aber es gäbe noch Kritikpunkte, und zwar wie folgt: „Allerdings bietet der Regierungsentwurf keine Möglichkeit für eine schnelle Wiederaufnahme bzw. Fortsetzung der selbständigen Tätigkeit. Damit wird die Chance vertan, den durch die Corona-Krise besonders getroffenen Freiberuflern, Einzelkaufleuten und Solo-Selbständigen einen Neustart unter einer gesicherten Fortsetzung der selbständigen Tätigkeit zu ermöglichen. Im Hinblick auf das bereits weit vorangegangene Gesetzgebungsverfahren … beschränke ich meine nachfolgenden Ausführungen vor allem auf die beiden bedenklichen Punkte des Regierungsentwurfs in Bezug auf die von Amts wegen zu prüfende Versagung der Restschuldbefreiung und die rechtlich bedenkliche Differenzierung zwischen unternehmerischen und nicht unternehmerisch tätigen Schuldnern. Überdies wird als konkretes Lösungsangebot für Freiberufler, Einzelkaufleute und Solo-Selbständige eine Änderung des § 35 Abs. 2 InsO vorgeschlagen und begründet.“ In der sodann folgenden 10-seitigen Stellungnahme wird u.a. ein gesetzlicher Anspruch auf Entscheidung des Insolvenzverwalters über die Freigabe der selbständigen Tätigkeit innerhalb vorgegebener Frist, die verbindliche Feststellung von Abführungspflichten und die Abschaffung von Fiskusprivilegien gefordert. Kritisiert werden aber weiter auch die Differenzierung zwischen Verbrauchern und Unternehmern im Hinblick auf die vorgesehene Befristung bis 2025 für Verbraucher und die Ausweitung von Versagungen der Restschuldbefreiung wegen der Begründung unangemessener Verbindlichkeiten. Sie können diese Stellungnahme unter www.vid.de > Gesetzgebung > Stellungnahmen > 25.09.2020 finden.

 

Stellungnahme des „Forum 270“ zum SanInsFoG

Wir berichteten im letzten Heft vom Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (= Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG) (InsbürO 2020, 427) und hatten bereits die Stellungnahme des VID dazu in Auszügen veröffentlicht (InsbürO 2020, 431 f.). Das „Forum 270 - Qualität und Verantwortung in der Eigenverwaltung e.V.“ ist ein Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Anforderungen an Eigenverwaltungsverfahren auf wissenschaftlicher Basis rechtsentwickelnd zu konkretisieren. Der Verein hat eine Stellungnahme zum SanInsFoG abgegeben, wobei er sich dabei auf die Vorschläge zu den geänderten Bestimmungen der Regelungen zur Eigenverwaltung in den §§ 270 ff. InsO beschränkt. Darin heißt es auszugsweise: „Das Forum 270 hat vor allem die „Grundsätze für Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO)“ entwickelt, die von den meisten Gerichten und sonstigen Rechtsanwendern als Standard in Eigenverwaltungsverfahren angewandt werden. … Der Referentenentwurf zum SanInsFoG wartet mit zahlreichen Verbesserungen auf, jedoch schafft er gleichzeitig hohe Hürden für die Anordnung der Eigenverwaltung, die nach den Vorstellungen des Forum 270 dazu führen, dass dieses erfolgreiche Sanierungswerkzeug deutlich weniger genutzt werden wird. Damit werden nicht nur Unternehmen in Schwierigkeiten geschwächt, sondern Gläubigerrechte gemindert und vor allem auch Arbeitsplätze vernichtet. … Einer der wesentlichen Vorteile des ESUG bestand aber darin, dass die Entscheidungen des Insolvenzgerichts vorhersehbar waren und zudem schnell fielen. Diese beiden entscheidenden Elemente werden mit den beabsichtigten Änderungen der InsO nicht mehr erreicht. … In der ESUG-Evaluierung (S. 55) heißt es daher auch, dass es einen Korrektur- und Ergänzungsbedarf in Bezug auf einzelne Weichenstellungen oder in Einzelfragen gäbe, aber nicht der Wunsch nach einer Rückkehr zum früheren Recht bestehe. Die neuen Regelungen des Referentenentwurfs zum SanInsFoG zielen aber deutlich über die Empfehlungen der ESUG-Evaluierung hinaus und erschweren damit übermäßig den Zugang zu diesen wichtigen Sanierungswerkzeugen.“ Das Forum 270 schlägt sodann auf 3 Seiten konkrete alternative Änderungen zu den einzelnen Regelungen vor. Die insgesamt 6-seitige Stellungnahme können Sie über www.forum270.de > Aktuelles > Meldung vom 02.10.2020 lesen.

 

Stellungnahme des Gravenbrucher Kreises zum SanInsFoG

Auch der Gravenbrucher Kreis hat am 02.10.2020 eine Stellungnahme zum SanInsFoG veröffentlicht. Darin führt dieser auszugsweise aus: „Mit Blick auf die Tragweite des SanInsFoG ist kritisch anzumerken, dass es … bereits am 01.01.2021 in Kraft treten soll. Das bedingt, dass das SanInsFoG im „Schnelldurchlaufdurch das Gesetzgebungsverfahren gebracht werden muss und eine besonnene sowie dem Inhalt des SanInsFoG angemessene Diskussion nicht stattfinden kann. Eine solche Diskussion ist auch im Lichte der COVID-19-Pandemie nicht entbehrlich. Das SanInsFoG, das erhebliche Änderungen der Grundfesten im Bereich des Sanierungs- und Insolvenzrechts beinhaltet, sollte nicht mit großer Hektik verabschiedet werden.“ Auf 21 Seiten werden sodann einzelne Regelungen des Referentenentwurfs kritisch beleuchtet. Die wesentlichen Schwerpunkte der Forderungen des Gravenbrucher Kreises laut der dazugehörigen Pressemitteilung sind dabei konkrete Änderungen bei der Rechtsstellung des Restrukturierungsbeauftragten (kein zusätzlicher Sonderbeauftragter), die Eingriffe in das Vertragsrecht (§ 103 ff. InsO nur im Insolvenzverfahren) und die damit verbundene Wahrung des Abstandes zwischen außergerichtlicher Sanierung und dem Insolvenzverfahren sowie die Vergütung des Restrukturierungsbeauftragten (kein Stundenlohn, sondern 80 % der Vergütung eines Sachwalters). Darüber hinaus schlägt der Gravenbrucher Kreis für das im SanInsFoG enthaltene „Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG)“ einen weniger sperrigen Titel vor: „„Restrukturierungsordnung“ (RO).In der Pressemitteilung heißt es abschließend: „Mit dem darin enthaltenen neuen Instrument desStabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens (SRR) können sich im Kern gesunde Unternehmen sanieren, ohne ein Insolvenzverfahren zu durchlaufen, ... Für Unternehmen, die im Zuge ihrer Restrukturierung auch Einschnitte bei Personal vornehmen müssen, bleiben Schutzschirm und Eigenverwaltung die besten Sanierungsinstrumente. Denn Einschnitte in Arbeitnehmerrechte und Pensionsverpflichtungen schließt der SRR aus.“ Die vollständige 22-seitige Stellungnahme und die Pressemitteilungen finden Sie unter www.gravenbrucher-kreis.de.

 

Stellungnahme des VID zum SanInsFoG

Nachdem wir im Novemberheft der InsbürO die erste Einschätzung des VID zum Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz (= SanInsFoG) aus einer 5-seitigen Pressemitteilung vom 21.09.2020 veröffentlicht hatten, hat der VID am 02.10.2020 nunmehr eine 108-Seiten umfassende Stellungnahme zu dem 265-seitigen Gesetzesentwurf abgegeben. In der Vorbemerkung heißt es dazu auszugsweise: „Die Komplexität der … vorgesehenen Regelungen und der Verfahren bestätigt die vielfach geäußerte Befürchtung, dass die Nutzung des Restrukturierungsrahmens – entgegen der (unrealistischen) Intention der Richtlinie – nur mit fachkundiger Beratung möglich sein wird, die für kleinere und mittlere Unternehmen kaum finanzierbar und organisierbar sein dürfte. Vor diesem Hintergrund sollten einige Elemente, aber auch Auslassungen des Entwurfs noch einmal grundlegend überdacht werden. Bei zahlreichen Regelungen ergeben sich Detailfragen, die im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens geklärt werden müssen, um nicht gleich zu Beginn die Funktionsfähigkeit der Neuregelung durch gerichtliche Auseinandersetzungen zu gefährden.“ Sodann listet der VID einleitend zehn zentrale Fragestellungen auf, auf die er im Einzelnen dann eingeht. Dazu gehören – neben den schon vorstehend in den anderen Stellungnahmen zum SanInsFoG genannten Aspekten – u.a. die Themen „kein neues Fiskusprivileg im neuen Gewand“, „die systemwidrige Erweiterung der Aufgaben des Sachwalters“ und „die grundsätzliche Möglichkeit der digitalen Forderungsanmeldung“. Ausdrücklich hebt der VID hervor, dass noch eine gesonderte Stellungnahme zu angedachten Änderungen in der InsVV folgen wird. Sie können diese vorstehend genannte Stellungnahme unter www.vid.de > Gesetzgebung > Stellungnahmen > 02.10.2020 abrufen.

 

Stellungnahme des BAKinso zum SanInsFoG

Auch der BAKinso hat eine Stellungnahme zum SanInsFoG abgegeben. Darin wird einleitend die kurze Zeitspanne zur Erstellung dieser Stellungnahme moniert, was auch die anderen Verbände kritisiert hatten. So wird ausgeführt: „Das Verbandsanschreiben v. 18.09.2020 gewährt eine 2-wöchige Stellungnahmefrist bis zum 02.10.2020. Diese Frist ist in Anbetracht eines 247-seitigen Gesetzentwurfes, der zwei sehr bedeutende Gesetzesvorhaben, die Einführung eines gänzlich neuen Gesetzes (StaRUG) mit 101 Paragraphen und die Abänderung der InsO in 47 Punkten, umfasst, unangemessen und selbst in Anbetracht des wirtschaftlichen Druckes, der im Gefolge der Corona-Pandemie entstanden ist, nicht geeignet, eine sachlich umfassende und alle Problemfelder ausreichend beleuchtende Stellungnahme abzugeben. Insofern erfasst die nachstehende Stellungnahme nur ausschnitthaft als wichtig angesehene Problematisierungen und Bedenken aus Sicht der gerichtlichen Rechtsanwender/innen.“ Auf 21 Seiten werden sodann einzelne Themenfelder angesprochen, die Bedenken erläutert und Änderungsvorschläge unterbreitet. Zur Gesamtbewertung des Entwurfs heißt es: „Der gesamte Gesetzentwurf ist strukturell sehr nachhaltig gekennzeichnet von einer gesetzestechnischen Systematik, die nahezu jedes Regelungsproblem mittels Ausnahmen, Unterausnahmen und Rückausnahmen zu regeln versucht. … Nahezu jeder Ausnahmetatbestand ist dabei regelungstechnisch mit der Zuweisung einer unbestimmten Wertungsentscheidung an die befassten Gerichte verbunden. Die Folge dieses aus diesseitiger Sicht „überregulierten“ und überfrachteten Entwurfs wird eine Fülle von rechtlichen Streitigkeiten zu „Weichenstellungsfragen“ sein, die durch die Ausnahmeregelungen geradezu „angeregt“ werden und bis zu ihrer endgültigen Klärung durch BGH-Rechtsprechung viele Jahre dauern werden. … Zusammengefasst: Der Entwurf ist an vielen Punkten - ohne dass die Richtlinie oder die Evaluationsvorschläge dies erfordern würden - schlicht zu kompliziert und überfrachtet; er scheut eindeutige gesetzliche Regelungsentscheidungen und eröffnet „zu viele Hintertüren“.“ Die vollständige Stellungnahme finden Sie unter www.bakinso.de > Downloads/Stellungnahmen > Gesetzgebung > Restrukturierungsgesetz > Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts.

 

Stellungnahme des IDW zum SanInsFoG

Das IDW hat seine Stellungnahme zum SanInsFoG am 05.10.2020 veröffentlicht. In der dazugehörigen Pressemitteilung heißt es: „Der Referentenentwurf umfasst vor allem mit dem präventiven Restrukturierungsrahmen, der Sanierungsmoderation, den schärferen Zugangsvoraussetzungen zur Eigenverwaltung und der stärkeren Abgrenzung von drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung viele gute und innovative Vorschläge, die die Sanierungsmöglichkeiten in Deutschland sinnvoll ergänzen. Anders als in der Begründung zum Referentenentwurf angedeutet, hat das IDW Zweifel, dass sich der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen zur Abwendung einer möglichen Corona-bedingten Insolvenzwelle eignet. Gleichwohl ist er für solche Unternehmen, bei denen opponierende Gläubiger eine angestrebte Sanierung verhindern oder verzögern, eine weitere zweckmäßige Sanierungsmöglichkeit. … Allerdings ist das IDW der Auffassung, dass die Instrumente noch wirksamer eingesetzt werden können, wenn sie von den Unternehmen nicht erst bei drohender Zahlungsunfähigkeit, sondern bereits frühzeitiger in der Ertragskrise genutzt werden könnten.“ Die Stellungnahme umfasst 11 Seiten und kann über www.idw.de > IDW aktuell > 05.10.2020 eingesehen werden.

 

Laufende Verfahren beim BFH

Wir werfen wieder mal einen kurzen Blick auf interessante – per Stand der Druckfreigabe Mitte November 2020 – anhängige Verfahren beim Bundesfinanzhof:

  • §§ 32a, § 2 Abs. 3 EStG: Aufteilung der Einkommensteuer (BFH: III R 44/20):

 

Aufteilung der Einkommensteuer zwischen dem insolvenzfreien Vermögen und der Insolvenzmasse: Berücksichtigung des Grundfreibetrages bei der Aufteilung der Gesamtsteuerschuld?

 

(vorgehend: Sächsisches FG, Urt. v. 05.02.2020 (5 K 1387/19 in InsbürO 2020, 340 = ZInsO 2020, 916)

 

  • § 55 Abs. 1 InsO; §§ 17 Abs. 2 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG: Vorsteuerberichtigung bei einer aufgrund von Insolvenz nicht mehr bestehenden Organschaft (BFH: XI R 5/20):

 

Stellen Umsatzsteuerforderungen im Insolvenzverfahren einer vormaligen Organgesellschaft, die auf Vorsteuerberichtigungsansprüchen i.S.v. § 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG wegen der Rückgewähr von insolvenzrechtlich anfechtbar geleisteten Zahlungen an ihre Lieferanten basieren, auch bei Durchsetzung der Anfechtungsansprüche durch den Insolvenzverwalter des vormaligen Organträgers Masseverbindlichkeiten der vormaligen Organgesellschaft dar? Hat eine Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 UStG aufgrund erfolgreicher Insolvenzanfechtung beim umsatzsteuerrechtlichen Leistungsempfänger (vormalige Organgesellschaft) oder beim anfechtenden Zahlungsempfänger (vormaliger Organträger) zu erfolgen?

(vorgehend: Sächsisches FG, Urt. v. 29.05.2019 (8 K 1108/17, WKRS 2019, 64245)

 

Statistik

Weiter sinkende Zahl der Insolvenzanträge bis September 2020

Nach der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 08.10.2020 (Nr. 394) meldeten neben 1.369 Unternehmensinsolvenzen (-16,7 % im Vergleich zu 2019) 5.645 übrige Schuldner im Juli 2020 Insolvenz an. Das waren 28,4 % weniger als im Vorjahresmonat. Darunter waren 4.024 Insolvenzanträge von Verbraucherinnen und Verbrauchern (-30,1 % gegenüber dem Juli 2019) sowie 1 268 Insolvenzanträge von ehemals selbstständig Tätigen. „Der große Rückgang an Insolvenzanträgen von Verbraucherinnen und Verbrauchern ist vermutlich auf einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur weiteren Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren auf drei Jahre zurückzuführen“, heißt es in der Meldung. Auch für den September 2020 hätten die vorläufigen Angaben zu den eröffneten Regelinsolvenzen wie bereits im Juli und August eine deutliche Abnahme an Verfahren gezeigt. Im Vergleich zum September 2019 sank die Zahl der eröffneten Regelinsolvenzverfahren um 34,5 %. Diese vorläufigen Angaben veröffentlicht das Statistische Bundesamt seit dem Berichtsmonat März 2020, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie frühzeitig abzubilden. Die vollständige Pressemitteilung können Sie über www.destatis.de > Stichwort „Insolvenz“ abrufen.

Der VID hat zu dieser Meldung des Statistischen Bundesamtes eine eigene Pressemitteilung herausgegeben. Darin heißt es auszugsweise: „Hintergrund für die niedrigen Zahlen ist bislang die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, die für pandemiebedingt überschuldete, aber nicht zahlungsunfähige Unternehmen bis zum 31.12.2020 verlängert wurde sowie eine deutliche Zurückhaltung öffentlicher Gläubiger bei der Stellung sog. Fremdanträge. In über 90 % aller Fälle tritt die Insolvenz aufgrund der Zahlungsunfähigkeit ein. Ab dem 01.10. müssen deshalb die Mehrzahl der insolventen Unternehmen wieder Insolvenz anmelden. Anzeichen für eine deutlich erhöhte Zahl an Anträgen sieht der Berufsverband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) bisher aber nicht. „Wir rechnen nicht unmittelbar mit einem starken Anstieg der Insolvenzzahlen. Viele Unternehmer warten ab und hoffen noch auf weitere Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung. Einen deutlichen Anstieg der Insolvenzzahlen werden wir wohl erst zum Jahresbeginn sehen“, erklärt Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des VID.“ Diese Meldung ist über www.vid.de > Presse > Pressemitteilungen > 08.10.2020 zu finden.

 

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