25.10.2022

News aus der Branche

News aus der Branche

 

Nachfolgende Texte wurden in ähnlicher Form in der InsbürO - einer Zeitschrift für die Insolvenzpraxis - veröffentlicht. Die Zeitschrift erscheint im Carl Heymanns Verlag, Wolters Kluwer Deutschland GmbH. Unsere Mitarbeiterin Michaela Heyn ist Schriftleiterin und Mitherausgeberin dieser Zeitschrift.
 


Oktober 2022: InsbürO 2022, 374 ff.
 

Gesetzgebungsverfahren

Entwurf des Jahresssteuergesetzes 2022

Ende Juli 2022 und damit nach Redaktionsschluss für das Septemberheft der InsbürO hat das BMF einen Referentenentwurf für das Jahressteuergesetz 2022 veröffentlicht. Darin findet sich bspw. eine Regelung mit insolvenzrechtlichem Bezug in § 251 AO. Wenn die Finanzbehörde einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis im Insolvenzverfahren als Insolvenzforderung geltend macht, so kann sie diese nach § 251 Abs. 3 AO erforderlichenfalls durch schriftlichen Verwaltungsakt feststellen. Im vorgenannten Gesetzesentwurf ist in Art. 18 Nr. 15 nunmehr vorgesehen, in dieser Regelung nach dem Wort „schriftlichen“ die Wörter „oder elektronischen“ einzufügen. In der Begründung auf S. 133 des Gesetzesentwurfs heißt es dazu auszugsweise: „Im Hinblick auf eine zukünftig nicht auszuschließende Umstellung des schriftlichen Verwaltungsverfahrens auf ein komplettes elektronisches Verwaltungsverfahren ist die Anpassung erforderlich. Dadurch wird mit dem Tag des Inkrafttretens auch die Feststellung der Insolvenzforderungdurch elektronischen Verwaltungsakt ermöglicht.“ Hier zeigt sich also, dass es um eine zukunftsweisende Modernisierung geht. Der vollständige, 142 Seiten umfassende Gesetzesentwurf ist über www.bundesfinanzministerium.de > Service > Gesetze und Gesetzesvorhaben > 28.07.2022 > JStG 2022 abrufbar.

 

Für den Praxisalltag des Insolvenzbüros

Anhebung des Mindestlohns

Mit der 3. Mindestlohnanpassungsverordnung vom 09.11.2020 wurde der gesetzliche Mindestlohn in vier Stufen angehoben, zuletzt zum 01.07.2022 von 9,82 € auf 10,45 € pro Arbeitsstunde. Mit dem Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 28.06.2022 ist nunmehr eine weitere Erhöhung beschlossen worden: Ab dem 01.10.2022 beträgt der Mindestlohn nunmehr 12,00 €. Das Mindestlohngesetz wurde insoweit in § 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG geändert. Die Grenze für Minijobs mit der bisherigen Grenze von 450,00 € ist angepasst und auf 520,00 € angehoben worden. Nach einer Meldung der Bundesregierung auf ihrer Homepage sollen 22 % aller Beschäftigungsverhältnisse von dieser Erhöhung betroffen sein. Damit werden sich diese Änderungen auch in Insolvenzverfahren bemerkbar machen, denn wenn die Schuldner/innen ein höheres Einkommen haben, dann wird auch die Möglichkeit steigen, dass sich pfändbare Anteile ergeben. Es ist also anzuraten, dass Insolvenzbüros bei den jetzt eintreffenden Lohn- und Gehaltsabrechnungen verstärkt einen Blick auf die korrekte Berechnung der pfändbaren Beträge werfen, denn bedauerlicherweise ist in der Praxis immer wieder festzustellen, dass hier Fehler passieren und zu wenig abgeführt wird. Durch den höheren Stundenlohn kann auch das Einkommen von unterhaltsberechtigten Personen steigen. Von daher ist die Prüfung des möglichenWegfalls einer unterhaltspflichtigen Person vorzunehmen. Grds. gelten insoweit keine festen Grenzen, sondern die Umstände des Einzelfalls sind zu betrachten. Allerdings hat der BGH immer wieder die Orientierung an sozialrechtlichen Regelungen inkl. eines Zuschlages von 30 – 50 % für zulässig erachtet. In diesem Zusammenhang und bei dieser Einzelfallbetrachtung werden die derzeit gestiegenen Energiekosten wohl künftig auch eine verstärkte Rolle spielen, denn nach der BGH-Rechtsprechung sind auch angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung bei der Berechnung des Bedarfs der unterhaltsberechtigen Person zu berücksichtigen und diese werden ja aktuell höher ausfallen als dies in den bisherigen Berechnungen der Fall war.
 

Auswirkungen des Auslagenersatzes im Zustellungswesen

Mit einer Gesetzesänderung zum 01.01.2021 hat der Gesetzgeber die Erstattung für entstandene Kosten bei Durchführung von Zustellungen im Insolvenzverfahren durch den Insolvenzverwalter auf einen Betrag von 3,50 € festgelegt. Hierfür wurde nach Art. 6 Nr. 2 des SanInsFoG in § 4 Abs. 2 InsVV ein Verweis auf die Regelung in Nr. 9002 KV-GKG eingefügt. Seither ist es das (!) Thema in der Branche, ob diese Pauschale von 3,50 € ab der ersten Zustellung oder erst ab der 11. Zustellung zu beanspruchen ist. Wir haben bereits eine Vielzahl von Entscheidungen dazu veröffentlicht (zuletzt: InsbürO 2022, 330). Graeber und Wipperfürth haben in einem ZInsO-Aufsatz die wirtschaftlichen Auswirkungen der Regelung dieses Zustellungsauslagenersatzes gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 InsVV anhand von praktischen Beispielen untersucht, indem sie die Vergütung in einem massehaltigen Verfahren, die Mindestvergütung in einem Regelinsolvenzverfahren und die Mindestvergütung in einem Verbraucherinsolvenzverfahren jeweils berechnen. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass bei einem fehlenden Anspruch auf Erstattung der ersten zehn durchgeführten Zustellungen die Mindereinnahmen im siebenstelligen Bereich liegen. Diese stellen sie anhand der eröffneten Verfahren der letzten beiden Jahre (2020 + 2021) sowie des Jahres 2010 (mit der bislang höchsten Eröffnungsanzahl) dar.
 

Erhöhte Kontoeinrichtungsgebühr für Sonderkonten

Aus der Praxis ist zu hören, dass es wohl Bankinstitute gibt, die bei der Einrichtung von Sonderkonten für die Abwicklung von Insolvenzverfahren über das Vermögen von natürlichen Personen – also für Verbraucherinsolvenzen oder sogenannte § 4a-InsO-Stundungsverfahren – dem/der Insolvenzverwalter/in eine einmalige Einrichtungsgebühr von 150,00 € in Rechnung stellen. Wenn keine Insolvenzmasse vorhanden ist - was häufig in diesen Verfahren der Fall ist –, muss der/die Insolvenzverwalter/in diesen Betrag zunächst vorab zahlen. Dann stellt sich die Frage, ob der Betrag als zu erstattende Sonderausgabe im Vergütungsantrag gegenüber der Staatskasse geltend gemacht werden kann. Sollte dies nicht möglich sein, würde die Gebühr die Verwaltervergütung insoweit schmälern. Damit ist wohl derzeit mit einem Wechsel zu Banken zu rechnen, die dies noch nicht tun. Wir werden im Auge behalten, ob dies Einzelfälle bleiben oder sich zu einer verbreiteten Praxis entwickelt. Gerne hören wir insoweit von Ihnen: Welche Erfahrung machen Sie? Nutzen Sie dafür unsere E-Mail-Adresse: insbuero.redaktion@wolterskluwer.com.


Ggf. Verlängerung der Frist für Erklärung nach Grundsteuerreform

Mit dem Grundsteuer-Reformgesetz aus 2019 wurde eine gesetzliche Neuregelung geschaffen. Nach § 229 BewG sind alle Grundstückseigentümer auskunftspflichtig und müssen eine Erklärung beim zuständigen Finanzamt einreichen, in welcher sie Angaben zu ihrem Grundbesitz auf den Stichtag 01.01.2022 machen. Dies betrifft auch die Insolvenzbüros, wenn Grundstücke vom Insolvenzbeschlag umfasst sind. Wir hatten darüber schon berichtet (InsbürO 2022, 258, 259, 298, 299). Der Bund der Steuerzahler hat am 23.08.2022 eine Verlängerung der Frist für die Grundsteuererklärung bis ins nächste Jahr hinein gefordert und erklärt, der gesetzte Zeitraum vom 01.07. – 31.10.2022 sei viel zu kurz und müsse auf jeden Fall auf bis Ende Januar 2023 erweitert werden. Es drohe ein Wirrwarr und „XXL-Bürokratie“, weil die erforderlichen Anhaben vom Grundsteuermodell der Länder abhingen. Laut einem Medienbericht hätten zum Zeitpunkt im August 2022 bisher nur relativ wenige Eigentümer ihre Daten eingereicht. Es hätte Unmut über IT-Probleme und aus Sicht der Eigentümer zu komplizierte Vorgaben der Finanzbehörden gegeben. Bis zum Tag der Druckfreigabe hatte Bundesfinanzminister Lindner eine solche Verlängerung zumindest nicht ausgeschlossen. Eine Entscheidung lag aber noch nicht vor. Die Meldung dazu finden Sie unter www.steuerzahler.de/aktuelles/detail/grundsteuererklaerung-bdst-fordert-fristverlaengerung.

 

Neues von (insolvenzrechtlichen) Verbänden

VID-Stellungnahme zum RefE Bürgergeld-Gesetz

Das geplante neue Bürgergeld, für das am 09.08.2022 der Bürgergeld-Gesetzesentwurf vom BMAS veröffentlicht wurde, soll nach Ausführungen des BMAS auf deren Homepage mehr Sicherheit, mehr Respekt und mehr Freiheit für ein selbstbestimmtes Leben bedeuten. Es gehe um Würde und Wertschätzung in dieser Gesellschaft. Der VID hat in einer Stellungnahme vom 23.08.2022 die mit dem Entwurf verbundenen insolvenzrechtlichen Implikationen aufgezeigt. Darin geht es um vier Aspekte: Die Abschaffung des Vermittlungsvorranges, die Einführung einer Vertrauenszeit nach Abschluss des Kooperationsplans, den Verzicht auf das Verkürzungserfordernis bei Umschulung in besonderen Fällen und die Berücksichtigung von Vermögen. So lautet es in der Stellungnahme auszugsweise: „Im Hinblick auf erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die sich in einem Insolvenzverfahren (i.d.R. mit dem persönlichen Ziel der Restschuldbefreiung) befinden, kommt es in Fällen, in denen eine andere Leistung für die dauerhafte Eingliederung erforderlich ist als die, die eine unmittelbare Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ermöglicht, zu Divergenzen im Hinblick auf die insolvenzrechtlichen Obliegenheiten des leistungsberechtigten Schuldners. … Mithin stünde bspw. bei einem Schuldner ohne Berufsabschluss, bei dem gem. § 3 Abs. 1 Satz 4 SGB II-RefE von der Erforderlichkeit einer dauerhaften Eingliederung auszugehen ist, aus sozialrechtlicher Sicht die unmittelbare Aufnahme der Erwerbstätigkeit – trotz der günstigen Lage am Arbeitsmarkt – regelmäßig nicht mehr im Vordergrund. Auch wenn der Ansatz, … lobenswert ist, kann dies zugleich die Befriedigungsaussichten der Gläubiger schmälern. … Der o.g. Effekt kann sich weiter verstärken, wenn der erwerbsfähige Leistungsberechtigte in den ersten sechs Monaten der nach Abschluss des Kooperationsplans laufenden Vertrauenszeit, in der gegen den Leistungsberechtigten keine Anordnung von Maßnahmen mit Rechtsfolgenbelehrung ergeht (§ 15a SGB II-RefE), Absprachen zu Mitwirkungspflichten nicht einhält, wie bspw. Bewerbungen auf Vermittlungsvorschläge, Eigenbemühungen und Maßnahmeteilnahmen. … Zudem sieht der Entwurf für den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die Möglichkeit vor, eine Umschulung im Rahmen einer geförderten beruflichen Weiterbildung bei Bedarf in drei Jahren, anstatt wie bisher in zwei Jahren, zu besuchen (§ 180 Abs. 4 SGB III-RefE). Dieser neue Zeitrahmen ist deckungsgleich mit der Gesamtdauer der Wohlverhaltensperiode im Restschuldbefreiungsverfahren. … Die Richtlinie sah … Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren vor. … Eine Bearbeitung auf effiziente Weise ist jedoch fraglich, wenn ein Schuldner … faktisch ohne die Obliegenheit zur Abführung pfändbarer Beträge eine dreijährige Wohlverhaltensperiode durchläuft. … Bei den in § 12 SGB II-RefE getroffenen Regelungen zur Berücksichtigung von Vermögen ist mithin zu beachten, dass es hier aufgrund zwangsvollstreckungsrechtlicher Normen durchaus zu einer unterschiedlichen Handhabung im Insolvenzfall eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigte kommen kann. Beispielhaft sei hier auf § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II-RefE verwiesen, wonach ein Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person nicht als Vermögen zu berücksichtigen ist. Die Angemessenheitsprüfung für das Kraftfahrzeug soll – aus Gründen der erheblichen Verwaltungsvereinfachung für die Jobcenter – künftig entfallen. Im Insolvenzverfahren kann der Insolvenzverwalter durchaus gehalten sein, hier eine Verwertung durchzuführen, ggf. im Wege der Austauschpfändung nach § 811 a ZPO, wenn ein gem. § 811 ZPO unpfändbarer PKW einen entsprechenden Wert hat, auch wenn er aus sozialrechtlicher Sicht unerheblich wäre.“ Als Fazit hält der VID fest:Wertungswidersprüche zwischen sozialstaatlichen Regelungen und dem Vollstreckungsinteresse der betroffenen Gläubiger werden durch den Referentenentwurf verschärft. Dieser Umstand wird insbesondere bei den Erwerbsobliegenheiten deutlich und kann ohne Eingriffe in das Insolvenzrecht dazu führen, dass insolventen Beziehern des Bürgergeldes eine beantragte Restschuldbefreiung versagt bleibt.“ Die 5-seitige Stellungnahmen, die auch etliche Verweise auf Rechtsprechung, bestehende Gesetze, Kommentare etc. enthält, ist über www.vid.de > Gesetzgebung > Stellungnahmen > 23.08.2022 abrufbar. Den 126 Seiten umfassenden Gesetzesentwurf können Sie über www.bmas.de > Suchbegriff „Bürgergeld“ einsehen. Dort finden Sie auch eine Vielzahl von Stellungnahmen anderer Verbände.


BAKinsO zum Fortgang der Berufsrechtsdebatte

Wir hatten im letzten Heft über den Vorschlag des BAKinso zur Einrichtung einer Verbände-Arbeitsgruppe zur Klärung des Berufsrechtes und auch über die Stellungnahme des BAKinso zum Erfordernis der Einstellung der Vorauswahllisten wegen des fehlenden Berufsrechtes und damit wegen einer nunmehr europarechtswidrigen Praxis berichtet (InsbürO 2022, 336). Der BAKinsO hatte den Gesetzgeber dringend zum Handeln aufgefordert. Ein erster Schritt ist sodann offensichtlich passiert. Der BAKinso hat im August 2022 auf seiner Homepage folgendes mitgeteilt: „Das BMJ hat nunmehr die insolvenzrechtlichen Verbände und Vertreter*innen der Bundesländer (die das gemeinsame AG-Papier, welches Gegenstand der Beschlussfassung der Jumiko am 12.11.2021 war, erarbeitet hatten) zur einem ganztägigen Besprechungstermin am 12.09.2022 nach Berlin eingeladen. Dem Vernehmen nach dürfen nur vier „Ländervertreter“ teilnehmen. Das BMJ hat mit einem internen (?) Rundschreiben an die Landesjustizverwaltungen zu der BAKinso-Stellungnahme vom 13.06.2022 Stellung genommen und in Abrede gestellt, dass das derzeitige deutsche Vorauswahl-Listungsystem der EU-Restrukturierungsrichtlinie nicht genügen würde, die Anforderungsprofile würden v. jede/r/m Insolvenzrichter*in transparent mitgeteilt und das System sei „fair“. … Nichtsdestotrotz: BAKinso e.V. wird die Interessen der insolvenz- und restrukturierungsgerichtlichen Rechtsanwender*innen bei dem o.g. Termin vertreten.“ Zum Zeitpunkt der Druckfreigabe dieser Ausgabe war noch kein Ergebnis bekannt. Wir werden aber natürlich weiter über die Thematik berichten. Die vorstehend genannte Meldung können Sie über www.bak-inso.de > Aktuelles > Aug. 2022 einsehen.
 

ARGE Insolvenzrecht zum Berufsrecht

Auch die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung des DAV hat in ihrem Mitglieder-Rundbrief 4/2022 das Thema Berufsrecht aufgegriffen und berichtet dazu auszugsweise: „Am 12.09. findet im Bundesministerium der Justiz ein „runder Tisch“ zum Thema Berufsrecht für Insolvenzverwalter statt. …. Gemeinsames Verständnis der Berufsverbände der Insolvenzverwalter ist, dass der Zugang zum Beruf und etwaige Berufsverbote in Selbstorganisation und Selbstkontrolle zu erfolgen haben. … Eine Kontrolle über das Bundesamt der Justiz lehnen die Berufsverbände der Insolvenzverwalter ab. Mehr als 90 % der Insolvenzverwalter sind Rechtsanwälte. Um weitere Bürokratie und Kosten zu vermeiden, bietet es sich an, auf die bewährten Strukturen der Rechtsanwaltskammern zurückzugreifen. … Die jeweilige örtliche Anwaltskammer soll hiernach mit der Prüfung der Voraussetzungen für die Aufnahme in ein zentral bei der BRAK geführtes Verzeichnis zuständig sein.“ Der Rundbrief ist über www.arge-insolvenzrecht.de > Aktuelles > Newsroom > Rundbrief 4/22 zu finden.
 

VID zum Arbeitskräftemangel als Insolvenzgrund

Der VID erläutert in einer Pressemitteilung vom 10.08.2022, dass die Bundesregierung für die Krisen der letzten zweieinhalb Jahre umfangreiche Hilfsangebote entworfen hatte (Coronahilfen, Kurzarbeitergeld und Energiepreishilfen). Der zunehmende Arbeitskräftemangel bringe aber erste Unternehmen in die wirtschaftliche Schieflage und dies könne auch der Staat nicht mehr abfedern. Der VID empfiehlt daher, sich frühzeitig auf die neue Personallage einzustellen. So heißt es in der Meldung auszugsweise: „Auch wenn die Zahlen nicht dramatisch ansteigen, ändern sich die Ursachen von Insolvenzverfahren … Unsere Mitglieder berichten in diesen Tagen häufiger von Unternehmen, die aufgrund des Arbeitskräftemangels in die Insolvenz geraten sind. Das sind Unternehmen – insbesondere aus Gastronomie oder Hotellerie – die schon lange aktiv sind, aber einen Personalbedarf haben, der einfach nicht mehr zu decken ist. Unternehmen reagieren auf den Personalmangel üblicherweise mit einer Begrenzung ihrer Kapazitäten, wie z.B. den zusätzlichen Ruhetag im Restaurant oder einem verkürzten Barbetrieb. Dies schlägt dann auf die Umsätze und Fixkosten durch und kann das Unternehmen schnell in die wirtschaftliche Schieflage bringen. … Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt. Man muss sich wahrscheinlich von Geschäftsmodellen verabschieden, die auf die freie Verfügbarkeit vieler preiswerter Arbeitskräfte setzen. … Es ist wichtig, jetzt das Unternehmen zu transformieren und die Geschäftsgrundlage an die neue Situation anzupassen. …“ Die vollständige Meldung ist über www.vid.de > Presse > Pressemitteilungen > 10.08.2022 einsehbar.
 

VID zur BGH-Entscheidung: Neue Akzente bei der Zahlungsunfähigkeit

Der VID hat in einer Meldung vom 03.08.2022 zu einer BGH-Entscheidung vom 28.06.2022 (II ZR 112/21, InsbürO 2022, 405 - in diesem Heft = ZInsO 2022, 1793) Stellung genommen und führt dazu auszugsweise aus: „Der BGH hat … ein Urteil … veröffentlicht, in dem er die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit, gestützt auf „mehrere tagesgenaue Liquiditätsstatus in aussagekräftiger Anzahl“, als zulässig erachtet (Rz. 14 des Urteils). Der BGH führt insofern aus, dass Zahlungsunfähigkeit gegeben ist, wenn ausgehend von einem Stichtag an mehreren Tagen im Prognosezeitraum eine Liquiditätslücke mit einer erheblichen Unterdeckung ausgewiesen wird, die nicht in relevanter Weise geschlossen werden kann. Damit weicht der II. Senat von der gängigen Rechtsprechung ab, die bei Feststellung einer relevanten Unterdeckung im zweiten Prüfungsschritt eine „Liquiditätsbilanz“ fordert, d. h. die Aufsummierung der weiteren Einzahlungen und weiteren fälligen Verbindlichkeiten der nächsten drei Wochen und anschließend eine Quotierung der sog. Aktiva I und Aktiva II zu den sog. Passiva I und Passiva II. Mit dieser Rechtsprechung zeichnen sich Übereinstimmungen des BGH mit den Empfehlungen des VID zur Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit ab. Der VID hat diese Empfehlungen am 22.06.2022 veröffentlicht. Darin fordert er die Ermittlung durch mehrere stichtagsbezogene Status an drei aufeinanderfolgenden Stichtagen und die Abkehr vom nicht zur Buchhaltung korrelierenden 3-Wochen-Zeitraum, vom Volumeneffekt und von der prozentualen Ermittlung der Unterdeckung. Durch dieses Urteil wird die Stichtagsbetrachtung und die Ermittlung anhand von „Finanzstatus“ (d. h. der Vergleich jeweils der liquiden Mittel zu den fälligen Verbindlichkeiten) als zulässig angesehen, die Aufstellung der sog. „Liquiditätsbilanz“ ist nicht erforderlich. Auch wenn der BGH den Prognosezeitraum nicht ausdrücklich definiert und an den Stichtagen – im Unterschied zum VID – eine erhebliche Unterdeckung fordert (was durch die Nichtzahlung von Verbindlichkeiten manipulierbar ist), begrüßt der VID die neue Akzentuierung. …“ Die vorgenannten Empfehlungen des VID hatten wir in der letzten InsbürO-Ausgabe vorgestellt (InsbürO 2022, 335). Die aktuelle vollständige Meldung können Sie unter www.vid.de > Aktuelles > 03.08.2022 einsehen.

 

Statistik

Erhöhte Anzahl von Bauinsolvenzen

Nach der Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) vom 10.08.2022 (Nr. 337) hat es im Mai 2022 die meisten Unternehmensinsolvenzen im Baugewerbe mit 233 Fällen gegeben. Im Vergleich zum Mai 2021 waren es 29,4 % mehr. Im BRAK-Magazin 4/2022 ist ebenfalls eine Meldung zur dieser Problematik zu finden (S. 18). Dort heißt es auszugsweise: „Bewältigte die Bauwirtschaft die Pandemie recht wacker, ist sie nun Materialengpässen und -preisschwankungen ebenso ausgesetzt wie dem Fachkräftemangel. Ohne verlässliche Preise, ohne Material und ohne Arbeitskräfte lassen sich Bauvorhaben nur schwer verwirklichen, ohne dass vertragliche Zusagen mit dem Risiko der Schadensersatzpflicht gebrochen werden müssen. … Die Bauinsolvenz hat … zumindest das Potential, sich in absehbarer Zeit zu einem Trendthema zu entwickeln. Diejenigen, die als Insolvenzverwalter/-innen … mit Bauinsolvenz befasst sind, stellen sich besondere Frage. Sie sind nicht nur geprägt durch die materiell-rechtlichen, technischen und baubetrieblichen Besonderheiten der Abwicklung baubezogener Verträge. Vielmehr sind auch die vollstreckungsrechtlichen Besonderheiten der InsO zu berücksichtigen.“ Das BRAK-Magazin können Sie wie folgt im Netz finden: www.brak.de > Publikationen (ganz oben rechts auf der Startseite) > BRAK-Magazin > Aug. 2022 – Ausgabe 4/22. Wir können zum Thema Bauinsolvenz und den damit verbundenen besonderen Herausforderungen in der Verfahrensabwicklung heute zumindest kurz auf drei in jüngster Vergangenheit erschienene Beiträge in der InsbürO verweisen, deren Fundstellen Sie unten stehend finden.

 

Allgemein

Vorbereitungen der Gerichte auf erwartete Insolvenzwelle?

Es gibt ein Rundschreiben an die Mitglieder des Anwaltsvereins, in dem es offenbar um die Vorbereitung auf eine sich abzeichnende Verfahrenswelle geht. Darin heißt es auszugsweise: „Die Präsidentin des OLG Hamm hat im Zusammenhang mit dem Auftreten von Masseverfahren darum gebeten, bzgl. der zukünftigen Handhabung auch bestehende Kontakte zu den Anwaltsvereinen zu nutzen, um sich abzeichnende Wellen von Verfahren frühzeitig zu erkennen. Deswegen darf ich mich an Sie mit einer Bitte wenden: Im Falle des sprunghaften Anstiegs von Verfahren, welcher Art auch immer, bitte ich Sie um eine kurze Mitteilung an mich, um zeitnah auf solche Situationen reagieren zu können. Dies versetzt uns als Justiz dann in die Lage, rechtzeitig auf steigende Bedarfe in personeller und sachlicher Hinsicht zu reagieren. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die Mitglieder Ihres Anwaltsvereins über meine Bitte informieren könnten. …“
 

Laufendes Verfahren beim BFH

Und hier soll noch ein kurzer Blick auf ein anhängiges Verfahren beim Bundesfinanzhof geworfen werden, deren Ausgang für die tägliche Praxis von Bedeutung sein könnte:

BFH - X R 29/21 zu Besteuerungsgrundlagen nach Freigabe eines Gewerbebetriebes

„Sind die Besteuerungsgrundlagen einer Schlussbilanz und einer Aufgabebilanz aufgrund einer Betriebsaufgabe dann, wenn der betreffende Gewerbebetrieb gemäß § 35 Abs. 2 InsO zuvor durch den Insolvenzverwalter freigegeben worden war und der Insolvenzschuldner danach die Betriebsaufgabe bewirkt, für Zwecke der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer ausschließlich dem freigegebenen Vermögensbereich zuzuordnen?“

(vorgehend: Sächsisches Finanzgericht, Urt. v. 11.11.2020 - 2 K 546/20)

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