26.10.2022

Aus der Rechtsprechung

Rechtsprechungsüberblick


Nachfolgende Texte wurden in ähnlicher Form in der InsbürO - einer Zeitschrift für die Insolvenzpraxis - veröffentlicht. Die Zeitschrift erscheint im Carl Heymanns Verlag, Wolters Kluwer Deutschland GmbH. Unsere Mitarbeiterin Michaela Heyn ist Schriftleiterin und Mitherausgeberin dieser Zeitschrift.

 

Oktoberheft 2022

 

Eröffnungsverfahren

InsbürO 2022, 405: Keine Insolvenzeröffnung auf Antrag eines dinglich gesicherten Gläubigers

LG Bonn, Beschl. v. 12.07.2021 – 6 T 84/21, ZInsO 2022, 1504 (rkr.)

Aus der Begründung:

Gemäß Urkunde des Notars … gab der Beschwerdegegner gegenüber dem Beschwerdeführer ein abstraktes Schuldanerkenntnis über 500.000 € nebst Zinsen ab und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde. … Die Forderung aus dem Schuldanerkenntnis wurde durch zwei Zwangssicherungshypotheken gesichert, welche … im Grundbuch der dem Beschwerdegegner gehörenden Immobilie … eingetragen wurden. … Am … beantragte der Beschwerdeführer, über das Vermögen des Beschwerdegegners das Insolvenzverfahren zu eröffnen. … Zu Recht hat das AG den Antrag … auf Insolvenzverfahrenseröffnung zurückgewiesen. … Auch fehlt es an einem rechtlichen Interesse des Beschwerdeführers an der Eröffnung ... Nur ausnahmsweise hat ein Gläubiger dann kein rechtlich geschütztes Interesse an der Durchführung eines Insolvenzverfahrens, wenn er dinglich unzweifelhaft ausreichend besichert ist (BGH v. 23.06.2016 – IX ZB 18/15, ZInsO 2016, 1575 Rn. 17).

 

InsbürO 2022, 405: Nachweis der Zahlungsunfähigkeit auch ohne Liquiditätsbilanz möglich

BGH, Urt. v. 28.06.2022 - II ZR 112/21, ZInsO 2022, 1793

(II. Senat = u.a. zuständig für Gesellschaftsrecht)

Amtlicher Leitsatz:

Zahlungsunfähigkeit i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO muss nicht durch Aufstellung einer Liquiditätsbilanz, sondern kann auch mit anderen Mitteln dargelegt werden.

Aus der Begründung:

Rn. 14: So wird es für zulässig erachtet, die Zahlungsunfähigkeit durch einen Liquiditätsstatus auf den Stichtag i.V.m. einem Finanzplan für die auf den Stichtagfolgenden drei Wochen, in dem tagesgenau Einzahlungen und Auszahlungen gegenübergestellt werden, darzutun (vgl. BGH, Urt. v. 28.04.2022 - IX ZR 48/21, … Rn. 18). Es spricht auch nichts dagegen, zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit mehrere tagesgenaue Liquiditätsstatus in aussagekräftiger Anzahl aufzustellen, in denen ausgehend von dem am Stichtag eine erhebliche Unterdeckung ausweisenden Status an keinem der im Prognosezeitraum liegenden bilanzierten Tag die Liquiditätslücke in relevanter Weise geschlossen werden kann (…).

 

Unternehmensinsolvenzen

InsbürO 2022, 405 f.: Erstattung von Flugkosten – Einordnung als Insolvenzforderung

BGH, Urt. v. 05.05.2022 – IX ZR 140/21, ZInsO 2022, 1569

(IX. Senat = u.a. zuständig für Insolvenzrecht)

Leitsätze des Gerichts:

  1. Insolvenzforderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind, wandeln sich erst mit der Feststellung zur Tabelle in eine Geldforderung um, nicht bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
     
  2. Handlungen eines Insolvenzverwalters, die allein die Nichterfüllung vor der Eröffnung geschlossener, nicht aus der Masse zu erfüllender Verträge betreffen, begründen keine Masseverbindlichkeit.
     
  3. Wird ein Flug nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Luftfahrtunternehmens annulliert, stellt der Erstattungsanspruch eines Fluggastes, der den Flug vor der Eröffnung gebucht und vollständig bezahlt hatte, grundsätzlich eine Insolvenzforderung dar.

Aus der Begründung:

Rn. 9: … Dass die Forderungen bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unabhängig davon, ob der Gläubiger sie im Insolvenzverfahren geltend machen will, in Geldforderungen umgewandelt werden, sagt die Vorschrift nicht und setzt sie auch nicht zwingend voraus. … Rn. 11: Die Kläger haben ihre Beförderungsansprüche nicht in Geld umgerechnet und zur (…) Tabelle angemeldet. Die Ansprüche sind auch nicht zur Tabelle festgestellt worden. Sie sind damit nicht zu Geldforderungen geworden, sondern Beförderungsansprüche geblieben. … Rn. 21: Die Beförderungsverträge waren vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossen worden. Sie unterfielen nicht einem aus §§ 279, 103 InsO folgenden Wahlrecht der Beklagten. Die Vorschrift des § 103 Abs. 1 InsO setzt einen gegenseitigen Vertrag voraus, welcher zur Zeit der Eröffnung weder vom Schuldner noch vom anderen Teil vollständig erfüllt ist. Das war hier nicht der Fall. Die Kläger hatten den Flugpreis vor der Eröffnung vollständig entrichtet. Rn. 22: Die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit, insbesondere des Flugbetriebs, wertete für sich genommen die Insolvenzforderungen der Kläger nicht zu Masseforderungen auf. Die Insolvenzordnung sieht dies nicht vor. Das gilt auch im Rahmen einer Eigenverwaltung.

                     

InsbürO 2022, 406: Zum Auskunftsanspruch des ehemaligen Geschäftsführers gegen den Insolvenzverwalter

LG Berlin, Beschl. v. 07.06.2022 – 103 O 126/21, ZInsO 2022, 1916 (rkr.)

Der Antragsgegner ist seit … Insolvenzverwalter der … (nachfolgend: B) sowie deren Tochtergesellschaft, der … (nachfolgend: G). Der Antragsteller ist seit … Alleingesellschafter der B und war ursprünglich seit … Geschäftsführer der G. Zwischen den Parteien besteht u.a. Streit über den Zeitpunkt der erstmaligen Zahlungsunfähigkeit bzw. Insolvenzreife der B und der G. … Der Antrag auf Auskunftserteilung gem. §§ 51b, 51a GmbHG gegenüber dem Insolvenzverwalter der B als ehemals auskunftsverpflichteter Gesellschaft ist … unbegründet. Zwar besteht der Auskunftsanspruch gem. § 51a GmbH nach Insolvenz der Gesellschaft grds. auch gegen den Insolvenzverwalter – hier den Antragsgegner – fort. Der Antragsteller ist als Gesellschafter zumindest in Bezug auf die Geschäftsunterlagen der B grds. auch antragsbefugt. Die Beurteilung der Voraussetzungen und des Umfangs des Informationsrechts des Gesellschafters gegenüber dem Insolvenzverwalter muss allerdings dem Funktionswandel seiner Gesellschafterstellung Rechnung tragen, die mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt. … Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens besteht die Gesellschafterversammlung als Organ der Gesellschaft zwar fort, jedoch wird das Verwaltungsrecht der Gesellschafter durch das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters verdrängt. Dieser unterliegt bei der insolvenzrechtlichen Abwicklung des Gesellschaftsvermögens aufgrund seiner unabhängigen Stellung nicht der Aufsicht der Gesellschaftsorgane. Die gesamte Tätigkeit des Insolvenzverwalters kann damit nicht Gegenstand eines Informationsanspruchs des Gesellschafters nach § 51a GmbHG sein, weil ihm insoweit irgendwelche Kontrollrechte nicht zustehen.

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

In der Entscheidung wird der umfassend geltend gemachte Auskunftsanspruch des Antragstellers im Detail mit einer Auflistung vorgestellt, z.B. sämtliche Forderungen mit Entstehungszeitpunkt u. weiteren Angaben, Kopien von Mitteilungen (Briefe, E-Mails, etc.) der Geschäftsführung, Kopien der Berichte, Einschätzungen, Kommunikationen, Memoranden, E-Mails etc. der rechtlichen und steuerrechtlichen Berater und vieles mehr.

In diesem Zusammenhang des Auskunftsanspruchs darf auf einen Aufsatz von Geißler (Zur Auskunftspflicht des Insolvenzverwalters gegenüber den GmbH-Gesellschaftern aus § 51a Abs. 1 GmbHG, InsbürO 2021, 115 ff.) verwiesen werden.

 

Restschuldbefreiungsverfahren

InsbürO 2022, 402 f.: Aufhebung der Verfahrenskostenstundung gem. § 4c InsO bei Verletzung der Mitwirkungspflicht

LG Dortmund (9. Zivilkammer), Beschl. v. 11.05.2022 – 9 T 150/22, WKRS 2022, 24917

Leitsätze des Bearbeiters:

  1. Liegt der Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO zweifelsfrei vor, kann eine Kostenstundung gem. § 4c Nr. 5 InsO auch ohne vorherige Versagung der Restschuldbefreiung aufgehoben werden.
     
  2. Dies gilt auch im Nachtragsverteilungsverfahren.

Anmerkung RiAG a.D. Ulrich Schmerbach, Göttingen:

Zutreffend bejaht die Entscheidung die Fortgeltung der sog. Vorwirkungsrechtsprechung (zuletzt AG Hamburg, Beschl. v. 06.10.2021 – 68h IK 120/21, Insbüro 2022, 83 = ZInsO 2021, 2641): Hat ein Schuldner Restschuldbefreiung beantragt, muss er auch nach Aufhebung des Verfahrens mit einer Versagung gem. § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO rechnen, wenn er im Hinblick auf noch ausstehende Steuerbescheide bei angeordneter Nachtragsverteilung gem. § 203 InsO seinen Auskunfts-/ und Mitwirkungspflichten gem. § 97 InsO nicht nachkommt. Das Insolvenzgericht kann dann von sich aus aktiv werden und die Stundung gem. § 4c Nr.5 InsO aufheben. Begleicht der Schuldner nicht die entstandenen Kosten, kann das Verfahren gem. § 207 InsO mangels Masse eingestellt werden, die Erteilung einer Restschuldbefreiung scheidet dann aus (§ 289 InsO).

 

InsbürO 2022, 405: Vorzeitige RSB nur bei Kostendeckung vor Ablauf von 5 Jahren

AG Norderstedt, Beschl. v. 04.05.2022 – 65 IK 9/17, ZInsO 2022, 1530 (rkr.)

Aus der Begründung:

Eine vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung nach 5 Jahren der Abtretungsfrist setzt die Einzahlung eines die Verfahrenskosten deckenden Betrags vor Ablauf von 5 Jahren der Abtretungsfrist voraus. Wie bereits das AG Dortmund (v. 20.10.2021 – 260 IK 90/16) ausgeführt hat, hat sich die Gegenmeinung (insbesondere LG Darmstadt v. 17.06.2021 – 5 T 146/21) nicht mit der Gesetzesbegründung auseinandergesetzt. Diese ist vorliegend aber von entscheidender Bedeutung. … Im sechsten Jahr des Restschuldbefreiungsverfahrens hat der Gesetzgeber keine nennenswerten Quotenzahlungen für die Gläubiger erwartet, "wenn es dem Schuldner – möglicherweise unter Einsatz von Drittmitteln – lediglich gelingt, innerhalb der fünf Jahre die Verfahrenskosten zu begleichen" (BT-Drucks. 17/11268, S. 31). … So mag man zu dem Schluss kommen, dass der Gesetzeswortlaut in § 300 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht klar genug ist, der gewollten Regelung Ausdruck zu verleihen. Mit den obigen Ausführungen ist aber nach Ansicht des Gerichts von einem insoweit klaren gesetzgeberischen Willen auszugehen.

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

In der Begründung werden noch mehrere Stellen aus der Gesetzesbegründung zitiert, die nach Ansicht des Gerichtes die gesetzgeberische Annahme des Kostenausgleiches innerhalb der fünf Jahre belegen.

 

Insolvenzplanverfahren

InsbürO 2022, 406 f.: Erlass eines Haftungs- und Nachforderungsbescheids nach Abschluss eines Insolvenzplanverfahrens

BFH, Urt. v. 08.03.2022 – VI R 33/19, ZInsO 2022, 1641

(VI. Senat = u.a. zuständig für Lohnsteuer)

Leitsätze des Gerichts:

  1. Wird das Insolvenzverfahren nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans aufgehoben, kann das FA Lohnsteuer, die es nicht zur Insolvenztabelle angemeldet hat, als Nachzügler im Wege eines Haftungs- und Nachforderungsbescheids innerhalb der Frist des § 259b InsO festsetzen.
     
  2. Dem FA ist kein Verschulden an der Nichtanmeldung von Steuer- und Haftungsansprüchen zur Insolvenztabelle anzulasten, wenn es die Kenntnis vom Bestehen der Ansprüche erst nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans infolge einer Lohnsteuer-Außenprüfung erlangt.
     
  3. Die (tlw.) Befreiung des Insolvenzschuldners von seinen Verbindlichkeiten durch den Insolvenzplan berührt nur die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, weshalb das FA bei deren Festsetzung nicht auf die Insolvenzquote beschränkt ist.

Aus der Begründung:

Rn. 25: Soweit Insolvenzforderungen nach § 227 Abs. 1 InsO als erlassen gelten oder ein sog. Verzicht auf sie fingiert wird, sind sie nicht erloschen, sondern bestehen als natürliche, unvollkommene Verbindlichkeiten fort, deren Erfüllung möglich ist, aber nicht erzwungen werden kann (s. BGH, Urt. v. 19.05.2011 – IX ZR 222/08, …). Die mit dem Insolvenzplan bewirkte Befreiung berührt damit nicht den Bestand der Forderungen als solchen, sondern nur deren Durchsetzbarkeit. Rn. 26: Dies gilt auch für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (s. BFH, Beschl. v. 15.05.2013 – VII R 2/12, Rz. 13 …). … Rn. 27: Gewillkürte Präklusionsvorschriften im Insolvenzplan, durch die Insolvenzgläubiger, die sich am Insolvenzverfahren nicht beteiligt haben, mit ihren Forderungen auch in Höhe der im Plan auf Forderungen ihrer Art festgeschriebenen Quote ausgeschlossen sind (materielle Ausschlussklausel), sind nach der Rechtsprechung des BGH nicht zulässig (grundlegend BGH, Beschl. v. 07.05.2015 – IX ZB 75/14, Rz. 15 f.; ergänzend BGH, Beschl. v. 03.12.2015 – IX ZA 32/14). Präklusionsklauseln, die den Verlust des Anspruchs gegen den Schuldner nach Maßgabe des Insolvenzplans bewirken, sind vielmehr unwirksam, soweit sie über die Wirkung der Verjährungsvorschrift hinausgehen (BGH, Beschl. v. 07.05.2015 – IX ZB 75/14, Rz. 16). … Rn. 31: Die streitigen Haftungs– und Nachforderungsbeträge resultieren aus der … durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung. Die Forderungen waren dem FA bis einen Monat nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans noch nicht bekannt, da die den Forderungen zugrunde liegenden Sachverhalte erst durch diese Prüfung aufgedeckt wurden. … Rn. 37: Die Forderung eines Insolvenzgläubigers, die nicht bis zum Abstimmungstermin angemeldet worden ist, verjährt nach § 259b Abs. 1 InsO in einem Jahr. Die Frist beginnt gem. § 259b Abs. 2 InsO, wenn die Forderung fällig und der Beschluss rechtskräftig ist, durch den der Insolvenzplan bestätigt wurde. Rn. 38:              Unabhängig davon, ob die Fälligkeit der streitigen Beträge erst nach Erlass des Haftungs– und Nachforderungsbescheids eingetreten ist oder ob diese gem. § 41 Abs. 1 InsO bereits infolge des Insolvenzverfahrens als fällig galten, ist die Jahresfrist vorliegend gewahrt.

 

InsbürO 2022, 407: Unstimmigkeiten und Änderungen im vorgelegten Insolvenzplan

AG Hamburg, Beschl. v. 15.06.2022 – 68h IK 14/20, ZInsO 2022, 1583 (rkr.)

Leitsätze des Gerichts:

  1. Ein in einem wesentlichen Punkt geänderter Insolvenzplan des gleichen Planvorlegers ist im Vorprüfungsverfahren zurückzuweisen, wenn ein vorher vorgelegter Insolvenzplan nicht ausdrücklich zurückgenommen worden ist. Auch ein geänderter Insolvenzplan ist bis zum Schlusstermin einzureichen.
     
  2. Eine plannotwendige Dritterklärung (§ 230 Abs. 3 InsO) muss mit dem zugrundeliegenden und mit vorzulegenden Treuhandvertrag planumsetzbar dergestalt korrespondieren, dass die Drittsumme den Plangläubigern zum Ausschüttungstermin als Direktanspruch gegen den Verfügungsberechtigten zur Verfügung steht. Diese Voraussetzung ist im Vorprüfungsverfahren gem. §§ 231 Abs. 1 Nr. 2, 250 InsO zu prüfen.

Aus der Begründung:

Das Gericht hatte darauf hingewiesen, dass die … eingereichte Dritterklärung nicht mit dem eingereichten Treuhandvertrag und den diesbezüglichen Planregelungen harmoniert, weil die Plangarantensumme laut dieser Erklärung nur bis zum Erörterungs- und Abstimmungstermin hingegeben werden solle, nicht bis zum Ausschüttungstermin. Die Änderung dieser Erklärung … v. 03.06.2022 kommt nunmehr zu spät (§ 218 Abs. 1 Satz 3 InsO), denn am 25.05.2022 war Schlusstermin im schriftlichen Verfahren. … Nach dieser Regelung verpflichtet sich der Plangarant, an die Gläubiger die jeweiligen Leistungen auszuzahlen, was er bzw. sie wegen des Treuhandvertrags gar nicht kann, da dort der Treuhänder als auszahlungsbefugt bestimmt wird. Gegen diesen erwerben die Gläubiger mit der Planbestätigung aber keinen direkten Anspruch.

 

InsbürO 2022, 407: Keine Ausnahme von einjähriger Verjährungsfrist beim Insolvenzplan für Forderungen der Kassenärztlichen Vereinigung

SG Marburg, Urt. v. 30.03.2022 – S 17 KA 735/16, ZInsO 2022, 1618 (n. rkr.)

Aus der Begründung:

Die Verjährungsfrist läuft nach § 259b Abs. 2 InsO von der Rechtskraft des Beschlusses an, mit dem der Plan bestätigt worden ist. Jedoch beginnt die Verjährungsfrist nicht vor der Fälligkeit der Forderung. Die besondere Verjährungsfrist schafft für das zu sanierende Unternehmen in angemessener Zeit Klarheit darüber, ob es noch mit weiteren Forderungen aus der Zeit vor dem Insolvenzplanverfahren konfrontiert wird, mit denen es in aller Regel nicht mehr rechnet. Die besondere Verjährungsfrist soll daher für alle Ansprüche gelten, selbst wenn für sie – wie z. B. bei titulierten Forderungen nach allgemeinem Recht – die dreißigjährige Verjährungsfrist gilt (BT-Drucks. 17/5712, S. 38). Dass somit Erstattungsforderungen einer KV, die ausüberhöhten Abschlagzahlungen resultieren, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arztes ggf. nur i.H.v. Insolvenzquote erfüllt werden und der kurzen Verjährungsfrist des § 259b InsO unterliegen, ist unvermeidliche Folge der gesetzlichen Regelung. Es gibt keinen rechtlichen Ansatz dafür, die KV gegenüber anderen Insolvenzgläubigern dadurch zu privilegieren, dass ihnen gestattet wird, überhöhte Abschlagzahlungen ungeachtet der zwischenzeitlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. der insolvenzrechtlichen Verjährungsvorschriften als lex specialis im Wege der Aufrechnung gegen neu entstehende Honorarforderungen des Schuldners bzw. des Insolvenzverwalters auszugleichen. Dass die insolvenzbedingten Forderungsausfälle von der Gesamtheit der Vertragsärztezu tragen sind, ist notwendige Folge ihres auf Teilhabe an der Verteilung der Gesamtvergütungen beschränkten Anspruchs. I.Ü. liegt hierin keine Besonderheit des Vertragsarztrechts, denn auch die Forderungsausfälle, die Sozialversicherungsträgern oder dem Fiskus infolge der Insolvenz eines Beitrags- bzw. Steuerpflichtigen entstehen, sind letztlich von allen Beitrags- bzw. Steuerzahler zu tragen (so BSG, Urt. v. 17.08.2011 – B 6 KA 24/10 R, …).

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

Gegen die vorstehende Entscheidung wurde Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt, die dort zum Zeitpunkt der Druckfreigabe unter dem AZ: L 4 KA 67/22 anhängig ist.

 

Anfechtungsrecht

InsbürO 2022, 407 f.: Anfechtung gegenüber Bürgen bei doppelter Sicherheit für Bankdarlehen

OLG Brandenburg, Hinweisbeschluss v. 02.02.2022 – 7 U 126/21, WKRS 2022, 20080 (rkr.)

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin macht als Insolvenzverwalterin gegen den Beklagten als Gesellschafter der Schuldnerin mit einer 25 %-Beteiligung einen Anfechtungsanspruch geltend. Die Schuldnerin hatte einen Darlehensvertrag, der mit einer Grundschuld auf dem Betriebsgrundstück und einer Bürgschaft des Beklagten abgesichert war. Der Beklagte hafte nach Ansicht der Klägerin gem. § 135 Abs. 2 InsO, da die Gesellschaft einem Dritten Befriedigung für eine Forderung gewährt habe, für die der Beklagte als Bürge hafte.

Aus der Begründung:

Zu Recht hat das LG angenommen, dass die Klägerin … berechtigt ist, von dem Beklagten nach § 143 Abs. 3 InsO Zahlung zu verlangen, … Dass etwas Anderes gelten soll, wenn die doppelte Sicherung einer Darlehensforderung eines Nicht-Gesellschafters noch nach Insolvenzeröffnung besteht und dann die nicht vom Gesellschafter gestellte Sicherheit verwertet wird und zur Befriedigung des Gläubigers führt, ergibt sich aus der Wertung, die im Gesetz angelegt ist, nicht. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass auch in diesem Fall der Vorteil der Befreiung von einer Bürgschaft oder anderen Sicherheit dem Gesellschafter nicht verbleiben soll (BGH, Urt. v. 01.12.2011 - IX ZR 11/11, … Rn 10). … Soweit der Beklagte sich auf die Auffassung beruft, dass die Gesellschaftssicherheit von Beginn an und durchgängig parallel zur Sicherheit des Gesellschafters bestanden hat und der Gesellschafter, weil die Gesellschaft selbst insoweit für ihre Kreditierung gesorgt habe, nicht von einem im Verhältnis zur Gesellschaft eingegangenen Insolvenzrisiko befreit worden sei, ist dem nicht zu folgen. Die Besicherung eines Darlehens mit mehreren Sicherheiten entspricht vielmehr ständiger Praxis und wird von den Kreditinstituten zur Voraussetzung der Darlehensgewährung gemacht. Diese Praxis der Kreditinstitute, die die wahlweise Inanspruchnahme der gewährten Sicherheiten zur Begrenzung des Ausfallrisikos des Darlehensgebers ermöglichen soll, wird von der seitens des Beklagten zitierten Argumentation (Prof. Bitter, www.zis.uni-mannheim.de, Folie zum Vortrag beim 14. Mannheimer Insolvenzrechtstag am 15.06.2018, "Zusammenführung und Zwischenfazit, These 3"), nicht berücksichtigt und überzeugt daher nicht.

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

Vorstehend handelt es sich lediglich um einen Hinweisbeschluss. Mit Beschluss vom 13.04.2022 wurde die Berufung sodann zurückgewiesen.

 

InsbürO 2022, 408: Anfechtung von Darlehensraten für Fahrzeug nach § 133 InsO

OLG Braunschweig, Urt. v. 27.04.2022 – 9 U 40/21, ZInsO 2022, 1574 (rkr.)

Aus der Begründung:

Der Kläger kann die Zahlung eines Betrags i.H.v. 42.184,14 € von der Beklagten aus der Insolvenzanfechtung gem. § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO verlangen. … Durch die Zahlung der Darlehensraten gelangt nichts unmittelbar als Gegenleistung in das Vermögen des Insolvenzschuldners. Anders als bei der Zahlung auf ein Darlehen, das durch eine Grundschuld gesichert ist, wird das Sicherungseigentum an den Fahrzeugen nicht anteilig frei. Bei Grundschulden wird durch die Verringerung des Sollsaldos i.d.R. ein werthaltiger Freigabeanspruch zur Masse gelangen, der das Absonderungsrecht des Gläubigers beschränkt (BGH, Urt. v. 27.10.2020 – II ZR 355/18, … Rn. 33 f.). Bei der Sicherungsübereignung eines Kfz hat der Schuldner jedoch erst dann einen Freigabeanspruch, wenn er die Forderung voll bezahlt hat. Bis dahin erwirbt er lediglich ein Anwartschaftsrecht auf Rückübereignung des Fahrzeugs. Dieses wiederum brächte den Gläubigern nur dann einen finanziellen Vorteil, wenn es letztlich zur Rückübereignung des Sicherungsgutes kommt. Ansonsten könnten daraus keine finanziellen Vorteile für die übrigen Gläubiger abgeleitet werden. … Die Beklagte kannte die schleppenden, in der Höhe variierenden, verzögerten und nie aufgeholten Ratenzahlungen des Insolvenzschuldners an sie. … Es hat keine Anzeichen gegeben, dass der Schuldner durch die Gebrauchsüberlassung der Fahrzeuge in der Lage gewesen wäre, seinen Betreib rentabel zu führen. Im Gegenteil war der Schuldner bei allen acht Darlehensverträgen mit den Zins- und Tilgungsleistungen fortlaufend und dabei in der Höhe immer wieder variierend in Verzug. Der Beklagten musste deshalb bewusst gewesen sein, dass die Gebrauchsüberlassung der sicherungsübereigneten Fahrzeuge dem Betrieb des Insolvenzschuldners nichts nutzten, er weiterhin unrentabel arbeitete und deshalb durch die Zahlung der Darlehensraten an sie den übrigen Gläubigern Nachteile entstanden. … Vorliegend beruft sich der Kläger auf die gesetzliche Vermutung. Selbst wenn man aber auch hier verlangte, dass sich der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners auch darauf erstrecken müsste, künftig Gläubiger nicht mehr befriedigen zu können, wäre dies hier aufgrund des lange Zeitraums der angefochtenen Ratenzahlungen, die sich fortgesetzt verspätet und in der Höhe variierend gezeigt haben, zu bejahen.

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

Das OLG Braunschweig setzt sich umfangreich mit den geänderten Anforderungen bei der Vorsatzanfechtung aufgrund der BGH-Entscheidung vom 06.05.2021 (IX ZR 72/20, InsbürO 2021, 452 = ZInsO 2021, 1627) auseinander und stellt die seiner Ansicht dennoch im zu entscheidenden Fall vorliegenden Voraussetzungen für die Anfechtung ausführlich dar. In diesem Zusammenhang sei auch auf einen in diesem Jahr erschienenen Aufsatz von Lind und Meyer-Löffler verwiesen, die die Umsetzung der neuen Anforderungen in der Praxis erläutern: Insolvenzanfechtung in der Praxis – Informationsbeschaffung und Anspruchsermittlung, InsbürO 2022, 221 ff. (Ausgabe 6/2022). Hilfreich für die Praxis ist auch Beitrag von Hiebert in ZInsO 2022, 1660 (Ausgabe 33/2022): Insolvenzanfechtung nach § 133 InsO - Eine Arbeitshilfe zur praktischen Umsetzung der neuen BGH-Rechtsprechung 2022.

 

InsbürO 2022, 408 f.: Zu den Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 133 InsO

BGH, Urt. v. 28.04.2022 - IX ZR 48/21, ZInsO 2022, 1498

(IX. Senat = u.a. zuständig für Insolvenzrecht)

Einer von vier gerichtlichen Leitsätzen:

Ob das Zahlungsverhalten des zahlungsunfähigen Schuldners gegenüber einem Sozialversicherungsträger den Schluss rechtfertigt, dass der Schuldner wusste oder billigend in Kauf nahm, seine (übrigen) Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können, richtet sich nach einer Gesamtwürdigung, insbesondere der Dauer des Rückstands für einzelne Beitragsmonate, des Zeitraums, in dem rückständige Beiträge auftreten, und der Entwicklung der rückständigen Beiträge.

Aus der Begründung:

Rn. 31: Die mehr als halbjährige Nichtbegleichung von Sozialversicherungsbeiträgen bildet nach ständiger Rechtsprechung ein erhebliches Beweisanzeichen für eine Zahlungseinstellung (BGH, Urt. v. 18.07.2013 – IX ZR 143/12, … Rn. 12 m.w.N.), das den Schluss allein tragen kann. Eine mehrmonatige – nicht notwendig sechsmonatige – Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ist geeignet, eine Zahlungseinstellung nahezulegen (BGH, Urt. v. 31.10.2019 – IX ZR 170/18, … Rn. 13 m.w.N.). Daher kann ein Rückstand von mehr als vier vollen Monatsbeiträgen bei einem einzigen Sozialversicherungsträger die Zahlungseinstellung begründen (vgl. BGH, Urt. v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, …). … Rn. 49: Im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO wird das Berufungsgericht den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag geben müssen. Das Berufungsgericht wird sodann zu prüfen haben, welche weiteren Umstände ggf. neben der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bestehen, die einen Schluss auf einen Benachteiligungsvorsatz zulassen. Sollte das Berufungsgericht eine Zahlungseinstellung feststellen, wird es zu beachten haben, dass der Tatrichter für den Benachteiligungsvorsatz zu prüfen hat, welchen Schluss die die Zahlungseinstellung tragenden Tatsachen hinsichtlich der weiteren Entwicklung der Deckungslücke und der Erwartungen des Schuldners zulassen (BGH, Urt. v. 03.03.2022 – IX ZR 78/20, … Rn. 25 …).

 

InsbürO 2022, 409: Anfechtung von Arbeitsentgelt bei Zahlung durch Dritten

LAG Sachsen, Urt. v. 21.03.2022 – 1 Sa 377/21, WKRS 2022, 26866 (rkr.)

Leitsatz des Gerichts:

Für die Frage, ob die Drittleistung von Arbeitsentgelt i.S.v. § 142 Abs. 2 Satz 3 InsO erkennbar ist, kommt es nicht auf die subjektive Sicht des Arbeitnehmers, sondern auf die objektive Erkennbarkeit aus Perspektive eines Arbeitnehmers an.

Aus der Begründung:

Rn. 21: Weist ein Arbeitgeber einen Dritten an, den geschuldeten Lohn an den Arbeitnehmer zu zahlen, liegt i.d.R. eine inkongruente Deckung vor (…). Hintergrund ist, wie das Arbeitsgericht richtig erkannt hat, dass dem Arbeitnehmer kraft Arbeitsvertrages ein Anspruch auf Zahlung von Entgelt gegen seinen Arbeitgeber zusteht, nicht aber gegen einen außenstehenden Dritten. … Rn. 28: Von dem Grundsatz, dass inkongruente Leistungen kein Bargeschäft sein können, macht § 142 Abs. 2 InsO in der seit 05.04.2017 geltenden Fassung allerdings eine Ausnahme (…). Denn nach § 142 Abs. 2 Satz 3 InsO steht die Zahlung von Arbeitsentgelt durch einen Dritten nach § 267 BGB der Zahlung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat. § 142 Abs. 2 Satz 3 InsO erstreckt das Bargeschäftsprivileg im Interesse des Arbeitnehmerschutzes damit bewusst auf eine inkongruente Leistung, nämlich die Zahlung des Lohns durch einen Dritten. … Rn. 29: … Nach diesen Maßstäben genügt es, wenn der Arbeitnehmer seinem Kontoauszug entnehmen kann, dass der Lohn nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem Dritten gezahlt wurde. Dies ist vorliegend der Fall, …

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

Zu dieser Thematik wird auf eine Entscheidung des BGH (Urt. v. 10.03.2022 – IX ZR 4/21, InsbürO 2022, 329 = ZInsO 2022, 886) verwiesen. Der BGH führt darin aus, dass §142 Abs. 2 Satz 3 InsO – also der Schutz zugunsten des Arbeitnehmers – nur zur Anwendung kommt, wenn für den Arbeitnehmer die Leistung durch den Dritten nicht erkennbar ist.

 

Arbeitsrecht

InsbürO 2022, 409: Zulässigkeit einer Höchstbetragsregelung im Sozialplan

BAG, Urt. v. 08.02.2022 – 1 AZR 252/21, ZInsO 2022, 1473

Aus der Begründung:

Rn. 13: Die Begrenzung der Sozialplanabfindung auf höchstens 230.000 € ist geeignet, Arbeitnehmer mit höherem Lebensalter in besonderer Weise zu benachteiligen, weil sie typischerweise für diese Arbeitnehmergruppe gelten kann. … Daraus ergibt sich, dass ältere Arbeitnehmer typischerweise eine deutlich höhere Abfindung nach dem Sozialplan erhalten als jüngere … und damit eher von der Deckelung in § 2 Nr. 5.1 SP betroffen sein können. … Eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters i.S.v. § 3 Abs. 2 AGG ist jedoch deshalb nicht gegeben, weil die Begrenzung der Sozialplanabfindung auf den Betrag von höchstens 230.000 € durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist … Rn. 17: Mit der Festlegung einer Höchstabfindung soll ersichtlich dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die für den Sozialplan zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel limitiert sind. … Rn. 22: Sozialpläne haben typischerweise eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. … Dabei müssen die Betriebsparteien die mit der Betriebsänderung verbundenen Nachteile nicht vollständig kompensieren.

 

Immobilienvermögen

InsbürO 2022, 409 f.: (Kein) Anspruch auf Umschreibung von Grundbuchblättern wegen drohender Kreditschädigung infolge u.a. alter Insolvenzvermerke

KG, Beschl. v. 05.04.2022 – 1 W 349/21, WKRS 2022, 16636

Leitsatz des Gerichts:

Der Grundstückseigentümer hat nach der Löschung von Zwangseintragungen grds. keinen Anspruch auf Umschreibung des Grundbuchblatts (…).

Aus der Begründung:

Der Beteiligte hat … beantragt, die Grundbuchblätter umzuschreiben, da die gelöschten Eintragungen kreditschädigend und diskriminierend seien. Die höchstens abzuwartende Drei-Jahres-Frist (analog § 882e ZPO) habe mit der gerichtlichen Bestätigung ihres Insolvenzplans durch … begonnen. … Der Beteiligte hat keinen Anspruch auf Umschreibung des Grundbuchblattes. … Das Allgemeininteresse am Zweck des Grundbuchs, über gegenwärtige und vergangene Rechtsverhältnisse an dem Grundstück zuverlässig Auskunft zu geben, überwiegt das Interesse des Beteiligten, die beanstandeten Eintragungen unkenntlich zu machen

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

Es wurde die Rechtsbeschwerde zugelassen und diese auch erhoben. Das Verfahren ist beim BGH unter dem AZ: V ZB 17/22 anhängig.

 

Insolvenztabelle

InsbürO 2022, 410: Zulässiger Feststellungsbescheid trotz bestandskräftigem Haftungsbescheid

FG Münster, Urt. v. 16.02.2022 – 13 K 1870/20, WKRS 2022, 14738 (rkr.)

Aus der Begründung:

Der Feststellungsbescheid ist rechtmäßig … Der Umstand, dass die zur Insolvenztabelle angemeldeten Haftungsforderungen bereits mit dem Haftungsbescheid … bestandskräftig festgesetzt waren, steht dem Erlass des angefochtenen Feststellungsbescheides nicht entgegen. Auch in den Fällen, in denen bei Insolvenzeröffnung bereits eine bestandskräftige Steuerfestsetzung und damit ein vollstreckbarer Schuldtitel vorliegt, ist das Finanzamt im Fall des Bestreitens der Forderung durch den Insolvenzverwalter berechtigt, das Bestehen der angemeldeten Forderung durch Bescheid festzustellen. Auch in diesem Fall besteht die Erforderlichkeit einer Feststellung, weil ein Titel nicht automatisch zur Teilnahme an der Verteilung berechtigt. Dem Finanzamt als Vollstreckungsgläubiger muss die Möglichkeit gegeben werden, die durch das Bestreiten verursachte Ungewissheit über sein Recht zu beenden (BFH, Urt. v. 23.02.2010 – VII R 48/07, …). … Soweit sich der Kläger gegen die Feststellung der streitgegenständlichen Forderungen als solche i.S. von § 302 Nr. 1 InsO richtet, ist die Klage unzulässig. … Die Frage, ob eine Forderung i.S. von § 302 Nr. 1 InsO vorliegt, betrifft … allein den Insolvenzschuldner, … Es ist nicht Aufgabe des Insolvenzverwalters, Rechte des Schuldners für die Zeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens wahrzunehmen (…).

 

InsbürO 2022, 400 f.: Zur Feststellung einer unerlaubten Handlung im Anerkenntnisurteil

AG Erfurt, Urt. v. 06.07.2022 – 5 C 807/21, ZInsO 2022, 1689

Leitsatz des Bearbeiters:

In einem Anerkenntnisurteil kann bindend festgestellt werden, dass eine Forderung auch den besonderen Grund einer Forderung aus vorsätzlich unerlaubtem Handeln hat.

Anmerkung RA Kai Henning, Dortmund:

Diese Entscheidung des AG Erfurt lenkt unseren Blick auf zwei interessante Fragen: Zum einen hatte das AG zu klären, ob in einem Anerkenntnisurteil die abschließende Entscheidung getroffen werden kann, ob eine Forderung auch den besonderen Grund einer Forderung aus vorsätzlich unerlaubtem Handeln hat. Hierzu schließt sich das AG überzeugend der herrschenden Meinung an und hält diese Entscheidung durch ein Anerkenntnisurteil für möglich. Es ist kaum überzeugend, dass der Schuldner die Titulierung des besonderen Forderungsgrundes verhindern können soll, indem er die Klageforderung anerkennt.

Dann stellt sich die Frage, ob ein nach Eröffnung ergangenes Urteil über den Forderungsgrund ein rechtskräftiges Urteil i.S.d. § 184 Abs. 2 InsO sein kann. Hieran könnten Zweifel bestehen, da ein nach Eröffnung ergangenes Urteil wegen der Wirkungen des §§ 240 ff. ZPO grds. während des laufenden Insolvenzverfahrens nicht rechtskräftig wird. § 240 ZPO beschränkt diese Wirkung aber auf Verfahren, die die Insolvenzmasse betreffen. Dies ist bei einem Streit über den Vorsatzdeliktcharakter einer Forderung nicht der Fall, da der besondere Forderungsgrund nur Bedeutung für die Erteilung der Restschuldbefreiung hat. Ein rechtskräftiger Titel i.S.d § 184 Abs. 2 InsO liegt damit vor.

 

Verwertungstätigkeit

InsbürO 2022, 410: (Teil-)Kündigungsmöglichkeit einer Sterbegeldversicherung

AG Münster, Urt. v. 01.03.2022 – 7 C 1138/21, ZInsO 2022, 1506 (rkr.)

Aus der Begründung:

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf (Rück-)Zahlung von 196,60 Euro gem. § 812 Abs. 1 1. Alt. BGB aufgrund der wirksamen Teilkündigung der zwischen der Schuldnerin und der Beklagten abgeschlossenen Sterbegeldversicherung … Mithin ist der Insolvenzverwalter auch zur Ausübung von Gestaltungsrechten, wie dem Ausspruch von Kündigungen, berechtigt (…). Gleichzeitig hat der Insolvenzverwalter aber auch die allgemeinen zivilprozessualen Pfändungsverbote zu beachten. Versicherungen, die auf den Todesfall des Versicherungsnehmers genommen wurden, sind gem. § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO bis zur Höhe von 3.579 Euro unpfändbar und mithin insolvenzfrei (…). Diese sog. Kleinlebensversicherungen auf den Todesfall, bei denen die Versicherungssumme den Betrag von 3.579 Euro nicht übersteigt, sind damit nur eingeschränkt pfändbar gem. § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO (…). Sofern die Versicherungssumme - wie hier - mit 5.000 Euro einen höheren Betrag als 3.579 Euro beträgt, ist mithin grds. lediglich der diese Summe überschießende Betrag pfändbar (…). Dies gilt unabhängig von der Höhe des Rückkaufswerts (…). Der klagende Insolvenzverwalter ist mithin berechtigt, die Versicherungssumme bei Eintritt des Versicherungsfalls im anteiligen Verhältnis der Versicherungssumme zu dem in § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO vorgesehenen Schonbetrag zur Masse ziehen, wobei für die Berechnung auf den Rückkaufwert abzustellen ist, wenn - wie hier - der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist (…). Anders als die Beklagte meint, ist eine entsprechenden Teilkündigung der Sterbegeldversicherung auch rechtlich zulässig (…). … Eine Teilkündigung ist … ausnahmsweise … dann statthaft, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Betroffene - hier der Insolvenzverwalter - seine berechtigten Interessen - hier Sicherung und Mehrung der Insolvenzmasse - nur per Teilkündigung effektiv durchsetzen kann und dies der Gegenseite zumutbar ist. Als - aus der Sicht der Gegenseite - milderes Mittel gegenüber der Gesamtkündigung kann die Teilkündigung unter Umständen sogar vorrangig sein (…). Vorliegend ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, warum eine Teilkündigung der Beklagten nicht zumutbar sein sollte. Diese kann sich insbesondere nicht auf Schutzinteressen der Schuldnerin berufen, sondern lediglich eigene wirtschaftliche Nachteile durch die Teilkündigung geltend machen. Dies hat sie nicht substantiiert getan. Einige Versicherungen ermöglichen im Übrigen entsprechende Teilkündigungen in der Sterbegeldversicherung sogar ausdrücklich (vgl. LSG für das Saarland, Urt. v. 22.11.2018 - L 11 SO 12/17 Rn. 28, … mit Verweis auf die Versicherungsbedingungen der DEVK). Da der Kläger aber nicht zu einer Gesamtkündigung des Vertrages berechtigt war, waren vorliegend Zinsen erst ab Zugang der Teilkündigung geschuldet.

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

Das AG Münster verweist in seiner Begründung auf eine Entscheidung des AG Erfurt (Urt. v. 24.02.2021 - 5 C 2091/19 Rn. 2 ff., InsbürO 2021, 377 = ZInsO 2021, 1040). Dieses hat die Versicherungssumme ins Verhältnis zum Schonbetrag gesetzt und die so ermittelte Quote zum pfändbaren Anteil am Rückkaufswert erklärt. Grote hatte die Entscheidung aus 2021 in der InsbürO (a.a.O.) kommentiert, nannte sie eine konsequente Umsetzung des BGH-Urteils (Urt. v. 03.12.2009 – IX ZR 189/08 Rn. 10 = InsbürO 2010, 118 = ZInsO 2010, 188) und hielt sie für eine Blaupause für künftige Entscheidungen nach § 850b ZPO. Das AG Münster ist diesem Vorgehen nunmehr gefolgt, was für die Praxis begrüßenswert ist, denn die Ablehnung der Versicherungen, Teilkündigungen zu akzeptieren, schädigt die Insolvenzmassen. Gegen die Entscheidung des AG Erfurt wurde zunächst Berufung eingelegt (LG Erfurt: 1 S 31/21). Nach einem Hinweisbeschluss, in welchem sich die Kammer einstimmig der Auffassung des AG anschloss, wurde diese jedoch zurückgenommen.

 

Vertragsverhältnisse

InsbürO 2022, 411: Frage des Eigentumserwerbs für Module und Elemente der Unterkonstruktion als wesentliche Bestandteile der Photovoltaikanlage

BGH, Urt. v. 18.03.2022 – V ZR 269/20, ZInsO 2022, 1677

Zum Sachverhalt:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter und begehrt die Feststellung, dass die Beklagte, die einen Kaufpreis an die Insolvenzschuldnerin für die Photovoltaikanlage gezahlt hatte, kein Eigentum an den Modulen und der Unterkonstruktion erworben habe. Das OLG hatte der Klage stattgegeben und die Revision zugelassen.

Aus der Begründung:

Rn. 7: Rechtlich nicht zu beanstanden ist … die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Module und die Unterkonstruktion nicht nach § 94 Abs. 1 BGB als wesentliche Bestandteile des Grundstücks anzusehen sind, weil die Photovoltaikanlage nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden wurde und daher insgesamt einen Scheinbestandteil des Grundstücks i.S.d. § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellt (vgl. Senat, Urt. v. 22.10.2021 - V ZR 69/20, … Rn. 7 ff. …). … Rn. 9: a) Der Senat hat inzwischen entschieden, dass eine Freiland-Photovoltaikanlage jedenfalls dann, wenn sie … aus einer gerüstähnlichen Aufständerung aus Stangen oder Schienen sowie darin eingesetzten Photovoltaikmodulen besteht, kein Gebäude i.S.v. § 94 BGB darstellt (vgl. Senat, Urt. v. 22.10.2021 - V ZR 69/20, …). … Rn. 10: Die Annahme des Berufungsgerichts, die Photovoltaikanlage stelle nach Sinn und Zweck des § 94 Abs. 2 BGB ein Gebäude dar, weil sie eine beträchtliche Größe aufweist und über einen erheblichen wirtschaftlichen Wert verfügt, ist mit diesen Maßstäben nicht zu vereinbaren. … Sie ist ausweislich … nicht als massive, in sich feste Einheit mittels klassischer Baustoffe hergestellt, sondern lediglich modulartig mit Hilfe von Schrauben, Klemmen oder sonstigen ohne größeren Aufwand wieder lösbaren Verbindungselementen zusammengesetzt worden. Selbst wenn sie zur Sicherung ihrer Standfestigkeit über eine Verankerung im Boden verfügt, könnte sie ohne wesentliche Beschädigung abgebaut, in ihre Einzelteile zerlegt und an anderer Stelle wieder aufgestellt werden, ohne dadurch ihre Funktionsfähigkeit einzubüßen. … Rn. 11: Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil weitere Feststellungen zu treffen sind. (Frage der Scheinbestandteile, der Sonderrechtsfähigkeit der Module und der Unterkonstruktion und dem Eintritt einer vereinbarten aufschiebenden Bedingung).

 

Vollstreckungsrecht

InsbürO 2022, 411: Rechte des Insolvenzverwalters aus dem Eröffnungsbeschluss

BGH, Beschl. v. 21.07.2022 - IX ZB 63/21, ZInsO 2022, 1858

(IX. Senat = u.a. zuständig für Insolvenzrecht)

Amtlicher Leitsatz:

Der Insolvenzverwalter kann auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses keine Geldforderungen des Schuldners gegen Drittschuldner pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen.

Aus der Begründung:

§ 148 Abs. 2 InsO beruht darauf, dass eine nicht gestattete Besitzentziehung gem. § 858 BGB eine verbotene Eigenmacht darstellt und der Insolvenzverwalter deshalb einer besonderen Grundlage bedarf, um eine Herausgabe der sich im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen erzwingen zu können (…). Die Regelung bezieht sich daher auf die Inbesitznahme des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens. Die Lage bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen (bestimmter) Geldforderungen in das bewegliche Vermögen ist damit nicht vergleichbar; sie werden von § 148 Abs. 2 InsO nicht erfasst. … Hingegen ergibt sich aus der InsO keine Grundlage dafür, dass der Insolvenzverwalter von jedem Dritten, dem gegenüber er zur Insolvenzmasse gehörende Ansprüche des Schuldners behauptet, eine Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO verlangen kann.

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

Dieser zugrundeliegende Sachverhalt und die Auswirkungen auf die Insolvenzpraxis werden in der Rubrik „Fragezeichen“ der InsbürO in diesem Heft (10/2022 - InsbürO 2022, 398 ff.) näher erörtert.

 

Vergütungsrecht

InsbürO 2022, 411: Abzug der Ausgaben bei Betriebsfortführung für Gerichtskostenberechnung auch in Altfällen

OLG München, Beschl. v. 15.02.2022 – 11 W 1320/21, ZInsO 2022, 1682 (rkr.)

Aus der Begründung:

Für die Bemessung der Gerichtsgebühren waren bei der Bestimmung des Werts der Insolvenzmasse die Ausgaben der Betriebsfortführung abzuziehen; … Zwar ist der neu eingefügte §§ 58 Abs. 1 Satz 3 GKG gem. 71 Abs. 3 GKG nicht anwendbar, da die Kosten vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 01.01.2021 fällig geworden sind. … Angesichts der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung und der nunmehr vorliegenden Literatur hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsauffassung nicht mehr fest und schließt sich auch für Altfälle der Auffassung der Mehrheit der OLG an, wonach im Fall der Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter die geschäftlich veranlassten Ausgaben bei der Wertbestimmung nach § 58 Abs. 1 GKG abzuziehen sind. … Anders als § 35 InsO, bei dem die Eröffnung und der Verlauf des Verfahrens im Vordergrund stehen, stellen § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG und § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Verfahrensbeendigung ab. Es geht um den Gesamtwert der Insolvenzmasse zu diesem Stichtag, nicht um den Wert einzelner der Masse zugeflossener Gegenstände (…). Bei Beendigung des Insolvenzverfahrens ist die Masse aber um die geschäftlich veranlassten Ausgaben verringert.

 

Allgemeines

InsbürO 2022, 412: Erfordernis der beA-Nutzung durch Rechtsanwalt im Verbraucherinsolvenzverfahren

AG Ludwigshafen am Rhein, Beschl. v. 26.04.2022 – 3 c IK 115/22 Lu, ZInsO 2022, 1469 (rkr.)

Aus der Begründung:

Der Rechtsanwalt unterliegt mit in Kraft treten des § 130d ZPO am 01.01.2022 auch im Schriftverkehr mit dem Insolvenzgericht einer Nutzungspflicht für den elektronischen Rechtsverkehr (…). Die Einreichung "als Bote" ändert daran nichts. Die Anknüpfung in § 130d ZPO richtet sich nicht an die funktionale Rolle im Verfahren, sondern ist statusbezogen (…). … Infolge des unzulässigen Eröffnungsantrags sind auch die Anträge auf Erteilung der Restschuldbefreiung mangels eines eigenen Eröffnungsantrags sowie auf Gewährung der Kostenstundung mangels eines zulässigen Restschuldbefreiungsantrags als unzulässig zurückzuweisen.

 

InsbürO 2022, 403 f.: Keine Prozesskostenhilfe für Insolvenzverwalter ohne Aussicht auf Behebung der Massearmut

OLG Düsseldorf (12. Zivilsenat), Beschl. v. 06.01.2022 – 12 W 16/21, ZInsO 2022, 1013 (rkr.)

Amtliche Leitsätze:

  1. Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren des Insolvenzverwalters kommt nicht in Betracht, wenn die Durchsetzung des mit der beabsichtigten Anfechtungsklage verfolgten Anspruchs nicht dazu geeignet, eine eingetretene Massekostenarmut zu beheben.
     
  2. Bei der Prognose der voraussichtlichen Verfahrenskosten im Rahmen der Prozesskostenhilfe ist auf die gesetzliche Regelvergütung einschließlich der Auslagen abzustellen. Ein (nur) im Prozesskostenhilfe-verfahren  hilfsweise erklärter Verzicht des Insolvenzverwalters auf einen Teil seiner Vergütung ist bei der Frage der Beseitigung der Massekostenarmut jedenfalls nicht zu berücksichtigen, da eine solche Erklärung den Insolvenzverwalter nicht bindet.

Anmerkung RiAG a.D. Ulrich Schmerbach, Göttingen:

Ein (tlw.) Verzicht des Insolvenzverwalters auf seinen Vergütungsanspruch wird praktiziert. Er erfolgt zunächst, um eine ansonsten gebotene Abweisung mangels Masse gem. § 26 InsO abzuwenden (LG Hamburg, Beschl. v. 29.06.2016 - 326 T 76/16, InsbürO 2016, 473 = ZInsO 2016,1534; AG Hannover, Beschl. v. 25.09.2017 - 904 IN 110/17 – 6, InsbürO 2018, 124 = ZInsO 2017, 2628). Die Erklärung gibt der (spätere) Insolvenzverwalter vor Verfahrenseröffnung gegenüber dem Insolvenzgericht in seinem Abschlussgutachten ab.   

Ein weiterer Anwendungsfall kann sich im Rahmen eines PKH-Antrages vor dem Prozessgericht ergeben, wie im vorliegenden Fall.

Zur Sicherheit sollte der Insolvenzverwalter die Erklärung nicht nur gegenüber dem Prozessgericht, sondern auch gegenüber dem Insolvenzgericht abgeben.

Bedenken gegen die Wirksamkeit bestehen nicht. Es handelt sich nicht um eine (unzulässige) Vergütungsvereinbarung, sondern um einen (Teil)Verzicht auf den gesetzlich festgeschriebenen Anspruch.

Kritisch ist zu der Entscheidung noch anzumerken, dass eigentlich ein Hinweis des Prozessgerichtes geboten gewesen wäre, dass nach seiner Auffassung zur Wirksamkeit des Verzichtes (auch) eine Erklärung gegenüber dem Insolvenzgericht erforderlich war. Dies hätte der Insolvenzverwalter ohne großen Aufwand nachholen können.

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