18.08.2020

News aus der Branche

News aus der Branche

Nachfolgende Texte wurden in ähnlicher Form in der InsbürO - einer Zeitschrift für die Insolvenzpraxis - veröffentlicht. Die Zeitschrift erscheint im Carl Heymanns Verlag, Wolters Kluwer Deutschland GmbH. Unsere Mitarbeiterin Michaela Heyn ist Schriftleiterin und Mitherausgeberin dieser Zeitschrift.

 

August 2020: InsbürO 2020, 310 - 315

 

Corona-Krise

Zur Aussetzung von Gläubigerinsolvenzanträgen

Mit der Regelung in § 4 COVInsAG (= Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz - COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz) ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (= BMJV) ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 1 und die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen nach § 3 bis höchstens zum 31.03.2021 zu verlängern, wenn dies aufgrund fortbestehender Nachfrage nach verfügbaren öffentlichen Hilfen, andauernder Finanzierungsschwierigkeiten oder sonstiger Umstände geboten erscheint. Die Insolvenzantragspflicht nach § 1 COVInsAG wurde bis zum 30.09.2020 ausgesetzt. Die Regelung nach § 3 COVInsAG, wonach Gläubigerinsolvenzanträge ausgesetzt werden sollen, indem die Insolvenzeröffnung bei Gläubigeranträgen voraussetzt, dass der Eröffnungsgrund bereits am 01.03.2020 vorlag, betraf den Zeitraum 28.03. – 28.06.2020. Der Chefredakteur vom INDatReport fragte die Bundesjustizministerin in einem Interview vom 02.07.2020, ob das BMJV von der Ermächtigung Gebrauch machen wolle. Ihre Antwort lautete auszugsweise: „Ob und ggf. wie von der Möglichkeit einer Verlängerung Gebrauch gemacht werden sollte, hängt zunächst einmal auch davon ab, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Verordnungsermächtigung vorliegen. Für entsprechende Feststellungen ist es jetzt, gut drei Monate vor dem Auslaufen der Frist, noch zu früh. …“ Das komplette Interview finden Sie über www.bmjv.de > Presse > Interviews > 02.07.2020. Damit ist die Regelung in § 3 COVInsAG hinsichtlich Gläubigeranträgen ausgelaufen und so können ab dem 29.06.2020 auch wieder Gläubigeranträge gestellt werden, wenn der Eröffnungsgrund erst nach dem 01.03.2020 entstanden ist, was aufgrund von staatlichen Hilfen und Stundungsverfahren möglicherweise schwer nachzuweisen sein wird.

 

Insolvenzwelle wird im Herbst erwartet

Nach einer Pressemitteilung von Creditreform am 15.06.2020 sind die Unternehmensinsolvenzen trotz der Corona-Krise weiter rückläufig. Dazu wird in der Meldung auszugsweise erläutert: „Trotz des massiven Konjunktureinbruchs im Zuge der Corona-Pandemie ist die Zahl der Insolvenzen bislang nicht gestiegen. Im Gegenteil: Im 1. Halbjahr 2020 verringerte sich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 8,2 % auf 8.900 Fälle (1. Hj. 2019: 9.690). Das Insolvenzgeschehen als Seismograph der ökonomischen Entwicklung hat sich damit von der tatsächlichen Situation der deutschen Unternehmen entkoppelt. Ursächlich dafür dürften vor allem die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen in der aktuellen Krise sein. … In Anbetracht dessen geht die Creditreform Wirtschaftsforschung weiterhin davon aus, dass sich mit dem Auslaufen der bis September 2020 befristeten Aussetzung der Insolvenzantragspflicht die Zahl der Verfahren erheblich erhöhen wird. Eine solche Insolvenzwelle wäre nur dann abzuwenden, wenn es den betroffenen Unternehmen gelänge, bis zu diesem Zeitpunkt die Krisenfolgen zu überwinden und sich wieder zu stabilisieren. Ob ein solches V-Szenario (nach dem jähen Absturz folgt eine ebenso rasche Erholung) für die Breite der betroffenen Unternehmen realistisch ist, bleibt in Anbetracht der Schwere der Rezession zu bezweifeln.“ Die vollständige Pressemitteilung, die Analyse und entsprechende Grafiken können Sie unter www.creditreform.de > Aktuelles & Wissen > Meldung vom 15.06.2020 einsehen.

Der VID (= Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V.) hat zu dieser Meldung der Creditreform am 15.06.2020 eine Pressemitteilung veröffentlicht. Darin heißt es auszugsweise: „Spätestens nach Aufhebung der Krisenmaßnahmen rechnet der Berufsverband der Insolvenzverwalter in kürzester Zeit mit einer hohen Zahl von Unternehmensinsolvenzen. „Auch vor der Coronakrise steckten bereits einige Branchen in einem Strukturwandel. Die Entwicklung der Insolvenzzahlen hängt davon ab, ob es diese Unternehmen geschafft haben, sich an die wirtschaftlichen Marktveränderungen anzupassen. Das veränderte Konsumverhalten der Kunden wird darüber hinaus eine entscheidende Rolle spielen“, so der VID-Vorsitzende.“ Diese Mitteilung können sie in vollständiger Länge unter www.vid.de > Presse > Pressemitteilungen > 15.06.2020 lesen.

Tlw. schon steigende Insolvenzzahlen lt. INDat-Report

In der Ausgabe 4/2020 des INDat-Reports (2020, S. 7) wurden statistische Daten zu den eröffneten Verfahren von Personen- und Kapitalgesellschaften im Zeitraum vom 01.01. – 30.04.2020 veröffentlicht. Danach sei in einigen Bundesländern bereits ein Anstieg der Insolvenzverfahren festzustellen, so bspw. in Bremen mit 43,8 % im Vergleich zum Vorjahr, in Rheinland-Pfalz mit 20 % und in Bayern mit 14,5 %. Es gibt insgesamt sieben Bundesländer mit steigenden Zahlen. Dagegen sind die Insolvenzen bspw. in Thüringen mit -20 % und in Schleswig-Holstein mit -15,79 % auffällig gesunken. 

Insolvenztsunami 

Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht & Sanierung des Deutschen Anwaltvereins setzt sich im Vorwort des Rundbriefs 4/2020 für die Einführung des alten Überschuldungsbegriffes ein und führt auszugsweise aus: „Es wird berichtet, dass ein „Insolvenztsunami“ auf die Wirtschaft zukommt. … In diesen Zeiten reüssiert ein alter Irrglaube, dass "Insolvenz etwas Schlechtes sei"… Bereits vor der Coronakrise gab es zahlreiche Zombies, also Unternehmen, denen es in den letzten drei Jahren nicht möglich war, ihre Zinsleistungen aus operativen Erträgen zu begleichen. Durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sind einzelne Unternehmen zu "Superzombies" mutiert, also Unternehmen, die nicht nur überschuldet, renditeschwach, sondern auch zahlungsunfähig sind. Wenn die Zahl der infizierten Unternehmen und die Höhe der Ausfallschäden durch nicht rechtzeitige Beantragung der Insolvenz weiter steigt, droht in der Wirtschaft ein weiterer Vertrauensverlust. … Es gilt das alte Sprichwort: "Man bekommt die Cholera nur aus der Stadt, wenn man die Leichen von der Straße räumt." Insofern ist ein funktionierendes Insolvenzverfahren, welches nicht lebensfähige Unternehmen aus dem Markt nimmt, eine maßgebliche Voraussetzung für eine gesunde Marktwirtschaft. Das Vertrauen muss in den Markt zurückkommen. Man sollte den Unternehmen hierfür einen zeitlichen Korridor geben. Zweckmäßig wäre der 01.01.2023. Sie hätten dann genügend Zeit, um sich zu sanieren und zu restrukturieren. Die Wiedereinführung des alten Überschuldungsbegriffs, der die Unternehmen verpflichtet, Insolvenzantrag zu stellen, wenn – bei der jeweils angenommenen Fortführungsprognose – die Vermögenswerte nicht mehr ausreichen, um die Verbindlichkeiten zu decken, kann das Vertrauen in den Markt, in die Leistungsfähigkeit wiederherstellen. Nicht Insolvenz ist das "I-Wort", sondern Insolvenzverschleppung.“ Wer den vollständigen Text lesen möchte, kann dies über www.arge-insolvenzrecht.de > Aktuelles > Rundbrief 17.06.2020 tun. 

 

„Winterschlaf-Verfahren“ als Sonderinsolvenzrecht für krisengeschädigte KMU

Der Bundesvorstand der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (= eine Vereinigung von CDU und CSU) hat im Mai 2020 einen Beschluss über ein mögliches weiteres Rettungspaket für die Unternehmen in Deutschland gefasst, das aus mehreren Komponenten bestehe. So soll es für kleinere und mittlere Unternehmen (= KMU) ein Sonderinsolvenzverfahren („Winterschlaf-Verfahren“) geben. Dafür seien befristet bis zum 31.12.2021 zwei Wege möglich: Zum einen soll eine einstufige Eigenverwaltung (ohne Vorverfahren) bzw. ein Direktzugang zu einem Schutzschirmverfahren eingeführt werden, wenn der Schuldner wegen drohender und coronakrisenbedingter Insolvenz selbst einen Eröffnungsantrag gestellt hat. Es geht um die Unterstützung von Unternehmern, die am Markt erfolgreich waren und dies nach überwiegender Einschätzung auch wieder werden können. Auch sollen die Insolvenzverfahren schneller, unbürokratischer und kostengünstiger werden, u.a. durch Digitalisierung der Prozesse (Möglichkeiten virtueller Gläubigerversammlungen, Digitalisierung der Insolvenzakten). Die vollständige Meldung mit der Begründung zum vorstehenden Vorschlag und mit weiteren Aspekten (u.a.: schnelle Umsetzung der EU-Restrukturierungsrichtlinie, steuerliche Verrechnung bisheriger Gewinne mit aktuellen und künftigen Verlusten) können Sie unter www.mit-bund.de > Aktuelles > Beschlüsse > Beschlüsse des Bundesvorstandes: „08.05.2020: Corona-Krise überwinden“ einsehen. Der VID kritisiert dieses Vorhaben und führt in einem Papier vom 16.06.2020 mit Vorschlägen zu Änderungen des Insolvenzrechts im Hinblick auf einen „Neustart“ für Einzelkaufleute, Freiberufler und Unternehmensinhabern aus: „Das von der EU angedachte vorinsolvenzliche Restrukturierungsverfahren oder aber auch die Insolvenzplanverfahren bis hin zum Schutzschirm sind gerade für KMU und den vorgenannten Personenkreis nicht finanzierbar bzw. zu komplex.“ Sie finden diese Kritik über www.vid.de > Gesetzgebung > Initiativen > 16.06.2020 > auf Seite 1 des Dokuments.

 

„Neustart“ für Unternehmer, Selbstständige und Freiberufler mit erleichtertem Insolvenzverfahren

Der VID hat am 16.06.2020 eine Initiative gestartet und Vorschläge für einige Veränderungen der gesetzlichen Regelungen im Insolvenzverfahren unterbreitet, die ein überzeugendes Angebot für Unternehmer, Selbständige und Freiberufler und damit für den von der Coronakrise besonders betroffenen Personenkreis bedeuten würden, denn – so der VID - nicht alle Unternehmer werden von den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen profitieren und drohen daher nicht nur mit ihrem Unternehmen, sondern auch persönlich in Insolvenz zu geraten. Auf fünf Seiten werden fünf mögliche Regelungen vorgestellt, so zum Anspruch eines Schuldners auf Freigabe notwendiger Betriebsmittel innerhalb einer vorgegebenen Frist, vergleichbar § 103 Abs. 2 Satz 2 und 3 InsO, zur verbindlichen Feststellung von Abführungspflichten (§ 295 Abs. 2 InsO), zum Wegfall einer Sperrfrist bei einer Insolvenz nach Freigabe gem. § 35 Abs. 2 InsO, zum Ausschluss von Fiskusprivilegien (= keine Anwendung von § 69 AO, ggf. Änderung in § 302 InsO) und zum vereinfachten Zugang zur Verfahrenskostenstundung (= Beschränkung des Zugangs auf gesetzlich geregelte Ausnahmen). Es könnte auf diesem Wege ein Neustart ohne Verbindlichkeiten ermöglicht werden. Sie finden die vollständigen Ausführungen unter www.vid.de > Gesetzgebung > Initiativen > 16.06.2020.

 

Broschüre des BMAS zur Kurzarbeit und Corona

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat Ende Mai eine Broschüre „Kurzarbeit und Corona“ veröffentlicht. Sie bietet wichtige Informationen für Beschäftige und Unternehmen sowie Fragen und Antworten rund um das Kurzarbeitergeld während der Corona-Pandemie. Diese ist vielleicht auch für die Insolvenzbüro hilfreich. Man kann sie herunterladen oder kostenfrei bestellen. Sie ist zu finden unter www.bmas.de > Service > Medien > Publikationen > Stichwort „Kurzarbeit“. 

 

Digitalisierung im Insolvenzverfahren

Schon die Ausgaben 2 und 3/2020 des INDat-Reports wurden wegen der außergewöhnlichen Situation durch das Corona-Virus als Online-Ausgabe kostenfrei durch den Verlag INDat GmbH für Interessierte zugänglich gemacht. Am 27.05.2020 ist die Printausgabe 4/2020 erschienen, die Sie erneut auf www.indat-report.de kostenfrei abrufen können. Darin finden Sie bspw. einen Artikel über die „Konsequente Digitalisierung im Insolvenzverfahren“ von RA Klaus Kollbach (INDat-Report 2020, 13 ff.) und einen weiteren zu dieser Thematik „Bei positiver Grundtendenz Warnung vor Schnellschuss“ (INDat-Report 2020, 24 ff.). Im Ersten wird u.a. vorgeschlagen, dass in jedem Bundesland ein zentrales Insolvenzgericht bestimmt werde, an das die Schlussrechnungsdaten digital übermittelt und durch IT auf Auffälligkeiten geprüft werde. Externe Schlussrechnungsprüfungsaufträge würden dann nur noch vereinzelt erforderlich werden. Die Digitalisierung beim Insolvenzgeld oder bei der Forderungsanmeldung werden neben vielen weiteren Aspekten ebenfalls thematisiert. Bzgl. einer virtuellen Gläubigerversammlung wird die Übertragungsmöglichkeit der Organisation auf den Insolvenzverwalter vorgeschlagen, ähnlich wie beim Zustellungswesen mit der Gewährung von Kostenpauschalen. Bei verringerten Aufgaben durch die Digitalisierung sollte eine Kürzung der Verwaltervergütung auf 20 % in Betracht gezogen werden. Im zweiten Artikel werden Stellungnahmen der Justizminister der vier größten Bundesländer – NRW, Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen zur Frage der Digitalisierung veröffentlicht. Darin geht es u.a. um den zeitlichen Horizont und mögliche Hürden sowie um die Ausstattung der Gerichte mit der erforderlichen Hard- und Software. 

 

Entwurf eines Epidemiegerichtsgesetzes (EpiGG)

Das Land Schleswig-Holstein hat zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Gerichte während einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite einen Referentenentwurf eines Gesetzes vorgelegt, zu dem die Bundesrechtsanwaltskammer im Juni 2020 Stellung genommen und diese veröffentlicht hat (Nr. 26/2020). Unter Punk 3.1. auf Seite 17 f. finden sich Ausführungen zum Insolvenzverfahren. Darin heißt es auszugsweise: „Die in § 6 EpiGG-E enthaltene Möglichkeit zur Abhaltung gerichtlicher Termine im Wege der Bild- und Tonübertragung fördert die kurzfristige Abhaltung zeitkritischer Termine bzw. macht eine solche – je nach Krisenlage – ggf. erst möglich, so dass die Durchführung eines Insolvenzverfahrens auch in einer Krisenlage sichergestellt ist. In Hinblick auf Gläubigerversammlungen im Insolvenzverfahren besteht bei dieser Regelung nach Auffassung der BRAK jedoch noch Nachjustierungsbedarf: … Denkbar wäre … eine Ermächtigung des Gerichts, den Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter mit der Einrichtung der Bild- und Tonübertragung sowie der Bereitstellung der elektronischen Kommunikation unter Zuhilfenahme Dritter zu beauftragen, vergleichbar den Regelungen über die Zustellung in § 8 Abs. 3 InsO, … Ein Zusammenwirken zwischen dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter insoweit, dass Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter die technische Vorbereitung … übernehmen könnten und im Besonderen die hierfür erforderliche Plattform zur Verfügung stellen können, würde zudem gewährleisten, dass die Durchführung von Gläubigerversammlungen im Wege einer Bild- und Tonübertragung rasch – und damit auch ggf. in der derzeitigen Krisenlage bereits – ermöglicht werden kann. Gegenwärtig verfügen die Insolvenzgerichte eher nicht über entsprechende Ressourcen, um bspw. solche Plattformen anbieten zu können.“ Die vollständige 20-seitige Stellungnahme ist über www.brak.de > Zur Rechtspolitik > Stellungnahmen > Stellungnahme 2020/26 einsehbar.

 

Corona-Beiträge in der ZInsO

In der ZInsO erscheint jede Woche ein Beitrag zum aktuellen Umgang mit den neuen Regelungen oder zu den Anforderungen aufgrund der Corona-Krise in Bezug auf das Insolvenzrecht. So finden Sie bspw. folgende Beiträge darin: 

  • Wipperfürth, Corona-Schutzschild und dessen Vollstreckungs-/insolvenzrechtliche Folge(erscheinungen), ZInsO 2020, 1224 (Heft 24/2020)
  • Sämisch/Deichgräber/Quitzau, § 64 GmbHG im Hinblick auf die Änderungen durch das COVInsAG, ZInsO 2020, 1234 (Heft 24/2020)
  • NRW Bundesvorstand: Gibt es in der Krise noch eine 3. Staatsgewalt? - Was die Justiz aus der Corona-Krise lernen muss. – Oder: Wer kontrolliert eigentlich wen, wenn es hart auf hart kommt? ZInsO 2020, 1295 (Heft 25/2020)
  • Rodig / Michailov, COVID-19: Katalysator für die Transformation der Digitalen Transformation, ZInsO 2020, 1393 (Heft 27/2020)
  • Gerdes / Schade / Demisch, Do’s and Don’ts der Geschäftsführung bei ausgesetzter Insolvenzantragspflicht, ZInsO 2020, 1422 (Heft 27/2020)

 

Aktualisierte Rechtsprechungsübersicht zu Corona

Die Bundesrechtsanwaltskammer (= BRAK) führt auf ihrer Homepage eine Rechtsprechungsübersicht mit Entscheidungen zu pandemiebedingten Sachverhalten, die per Stand am 28.05.2020 schon über 500 Entscheidungen, vor allem der Verfassungs- und Verwaltungsgerichte des Bundes und der Länder, jeweils mit Schlagworten zum Gegenstand der Entscheidung enthielt und jetzt erweitert wurde. Sie können diese über www.brak.de > zur Rechtspolitik > Zum Portal > Nachrichten aus Berlin > Newsletter 9/2020 >Aktualisierte Informationen … > „Rechtsprechungsübersicht zu Corona“ einsehen.

 

Gesetzliche Änderungen

Umsatzsteuersenkung 

Am 16.06.2020 ist der Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise veröffentlicht worden (BT-Drs. 19/20058). Nach Art. 3 wird die Umsatzsteuer befristet vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 gesenkt. Der reguläre Steuersatz sinkt dabei von 19 % auf 16 %, der reduzierte Steuersatz von 7 % auf 5 %. Das Gesetz (= Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) ist im Schnelldurchgang beschlossen und am 30.06.2020 bereits im Bundesgesetzblatt verkündet worden (BGBl. 2020, Teil 1 – Nr. 31, S. 1512) verkündet worden. Das Bundesfinanzministerium (= BMF) hat dazu am 25.06.2020 FAQ (= frequently asked questions) und am 30.06.2020 nach Verabschiedung des Gesetzes ein 26-seitiges BMF-Schreiben veröffentlicht. Darin werden 10 Sachverhalte angesprochen. Gleichzeitig wurden mit weiteren BMF-Schreiben vom 01.07.2020 die Anleitungen zur Umsatzsteuer-Voranmeldung 2020 für die Voranmeldungszeiträume ab Juli 2020 und für die Umsatzsteuererklärung 2020 bekannt gegeben. Das erste BMF-Schreiben ist am Ende der FAQs über www.bundesfinanzministerium.de > Service > FAQ > „Senkung Umsatzsteuer“ verlinkt. Einen umfassenden Überblick über die Auswirkungen auf die Rechnungslegung durch und an Rechtsanwälte auf sechs Seiten mit vielen Beispielen gibt es im Sondernewsletter der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Diesen finden Sie unter www.brak.de > Zur Rechtspolitik > Nachrichten aus Berlin > 2020 > Sondernewsletter v. 25.06.2020. Die Insolvenzbüros sind von der Umsatzsteuersenkung ebenfalls betroffen und insoweit sind die unterschiedlichen Vergütungsansprüche für die verschiedenen Verfahrensstadien zu betrachten. Welche einzelnen Aspekte hierbei zu berücksichtigen sind, stellt RiAG Graeber in diesem Heft (InsbürO 2020, 320) vor. 

 

Gesetzgebungsverfahren

Verkürztes Restschuldbefreiungsverfahren vom BMJV beschlossen

Nach dem Redaktionsschluss, aber vor der Druckfreigabe dieser Ausgabe kam die Nachricht aus dem BMJV (= Bundesjustizministerium der Justiz und für Verbraucherschutz), dass die Bundesregierung den vom BMJV vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens beschlossen habe. Die wesentlichen Änderungen halten wir für den Moment nur in Kürze fest: Die Restschuldbefreiung nach drei Jahren gibt es für alle natürlichen Personen – egal, ob Unternehmer oder nicht, unabhängig von der Zahlung einer Quote. Die Erwerbsobliegenheit bleibt bestehen. Die Pflichten in der Wohlverhaltensphase werden erweitert (Herausgabe von Schenkungen zu 50 % und Lotteriegewinnen zu 100 %). Die Versagungsgründe in dieser Phase werden ergänzt: Unangemessene Verbindlichkeiten dürfen in dieser Zeit nicht mehr begründet werden. Die drei Jahre gelten für alle Anträge ab 01.10.2020. Für Anträge in der Zeit bis dahin werden die bisherigen sechs Jahre monatlich jeweils – wie bisher vorgesehen – seit Dezember 2019 gekürzt. Die Verfahrensverkürzung ist für Verbraucher/innen zunächst bis 30.06.2025 befristet. Es ist eine Evaluation bis zum 30.06.2024 vorgesehen. Die Sperrfrist wird von 10 auf 11 Jahre erhöht und in Wiederholungsfällen die Verfahrensdauer von drei auf fünf Jahre verlängert. Den Regierungsentwurf finden Sie neben einem Fragen- und Antwortenpapier unter www. bmjv. de > Service > aktuelle Gesetzgebungsverfahren > Pressemeldung vom 01.07.2020 mit Links am Ende der Meldung. Eine ausführliche Stellungnahme mit einem Vergleich der bisher geplanten Änderungen wird Prof. Dr. Grote im Septemberheft vorstellen.

 

Unsicherheit bei Schuldnerberatungsstelle

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung e.V. hat mit einer Pressemitteilung vom 11.06.2020 - also vor der vorstehend erläuterten Meldung aus dem BMJV v. 01.07.2020 - einen Appell an den Gesetzgeber gerichtet und auf die riesige Verunsicherung der Schuldnerberatungsstellen im Hinblick auf die geplante Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens hingewiesen. So heißt es darin auszugsweise: „Bundesweit wird damit gerechnet, dass in Folge der Corona-Pandemie spätestens im Herbst überdurchschnittlich viele Personen und Unternehmen unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Doch anstatt die vorliegenden Gesetzesentwürfe zur Reformierung des Insolvenzrechts schnell umzusetzen, sorgt die Bundesregierung für zusätzliche Verunsicherung bei Schuldnerinnen und Schuldnern.“ Grund sei das Eckpunktepapier zum Konjunkturpaket. Darin werde einerseits die Verkürzung des Entschuldungsverfahrens auf drei Jahre angekündigt, andererseits werden darin alte Fragen aufgeworfen, die bereits lange geklärt seien. In der Pressemitteilung aus November 2019 wurde die schrittweise Verkürzung des Insolvenzverfahrens vorgestellt und dies im Referentenentwurf kurz darauf auch übernommen. Nunmehr sei im Konjunkturpaket 2 von einer befristeten Verkürzung die Rede. Es sei damit fraglich, ob die schrittweise Reduzierung überhaupt in Kraft trete. Die BAG SB wirft die Frage auf, was mit Insolvenzverfahren passiere, die im Vertrauen auf die damaligen Bekanntmachungen eröffnet worden seien. Es brauche für die Beratungsstellen eine Rechtssicherheit. Die vollständigen Ausführungen können Sie über www.bag-sb.de > Die BAG-SB > BAG-SB-News > Meldung vom 11.06.2020 nachlesen. Über das Konjunkturpaket hatten wir im letzten InsbürO-Heft berichtet (InsbürO 2020, 273 - Heft 7). 

 

P-Konto-Reform – Stellungnahme des VID

Das BMJV (= Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz) hatte am 22.03.2020 den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutz-Fortentwicklungsgesetz – PkoFoG) veröffentlicht. Die Inhalte im Vergleich zum Diskussionsentwurf aus Nov. 2018 und zum Referentenentwurf hatte Binner im letzten InsbürO-Heft vorgestellt (InsbürO 2020, 275 ff. – Heft 7). Der VID (= Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V.) hat am 11.06.2020 eine Stellungnahme zu diesem Regierungsentwurf abgegeben. Darin heißt es auszugsweise: „Die praktischen Probleme des Pfändungsschutzkontos in der Insolvenz des Schuldners greift der Entwurf jedoch nicht auf. So fehlt es im Hinblick auf die §§ 115, 116 InsO an einer gesetzlichen Klarstellung zum Fortbestand von P-Konten sowie einer Lösung für die sog. Verstrickung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.“ Die 6-seitige Stellungnahme zu diesen Themenkomplexen finden Sie unter www.vid.de > Gesetzgebung > Stellungnahmen > 11.06.2020. Darin ist auch der Vorschlag enthalten, die Zuständigkeit  für die  Bestimmung  der  Pfändungsfreibeträge  auf dem  Pfändungsschutzkonto  des Schuldners  während  des  Insolvenzverfahrens  künftig  (ausdrücklich) dem Insolvenzgericht zu übertragen, da die Verweisungskette bisher über § 36 Abs. 4 Satz 1 InsO zu § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO und § 850k ZPO und damit zum Vollstreckungsgericht führe.

 

Geforderte Erhöhung der Verwaltervergütung

Die Neue Insolvenzverwaltervereinigung Deutschlands e.V. (NIVD) und der Berufsverband der Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) hatten mit einer Pressemitteilung vom 19.11.2019 einen gemeinsamen Vorschlag für eine Vergütungsreform vorgelegt. Hierüber berichteten wir in InsbürO 2020, 2 (Heft 1/2020). Beide Verbände unterstrichen damals die Dringlichkeit der Änderung des derzeitigen Vergütungsrechtes. Im INDat-Report können Sie lesen, dass eine Anfrage bei den beiden Verbänden, ob sie im Kontext der Covid-19-Krise am Vorhaben einer Vergütungserhöhung festhalten würden, erfolgt ist. Hierzu wird die Stellungnahme des NIVD im INDAt-Report (2020, S. 9 – Heft 4) wiedergegeben: „Wir halten eine Reform zur Gewährleistung einer qualitativ hochwertigen Arbeit der Insolvenzverwalter für dringend geboten. … An dem großen Reformbedarf ändere auch eine mögliche durch die Corona-Krise ausgelöste Insolvenzwelle nichts … Gerade bei einer Vielzahl zu bearbeitender Fälle sind Gläubiger und Gerichte besonders darauf angewiesen, dass Insolvenzverwalter Qualitätsstandards umsetzen und bspw. ausreichende personelle Ressourcen vorhalten können. Die Vergütungsreform diene der Qualitätssicherung, die gerade in Zeiten quantitativ hoher Verfahrenszahlen von großer Bedeutung ist. …“ Die vollständige Meldung finden Sie unter www.indat-report.de > „aktuelle Ausgabe“ oder ggf. im Archiv. 

 

Berufsrecht für Insolvenzverwalter – Aufnahme in die BRAO

Nach einer Presseerklärung der Bundesrechtsanwaltskammer (= BRAK) vom 23.06.2020 (Nr. 13) habe sich die Hauptversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer dafür ausgesprochen, Insolvenzverwalter auf Antrag in die für den Ort ihrer Niederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer und damit unter das Dach der Bundesrechtsanwaltsordnung aufzunehmen. Ein Zulassungsverfahren müssten Insolvenzverwalter nicht durchlaufen. Der BRAK-Präsident erläuterte dazu: „Die Aufnahme der Insolvenzverwalter in die BRAO ist die sachgerechte Lösung. 95 % aller Insolvenzverwalter sind zugelassene Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Es verbietet sich, diese unter staatliche Aufsicht zu stellen. Auch eine eigene Kammer für Insolvenzverwalter macht da wenig Sinn. Die Verortung bei den Rechtsanwaltskammern halte ich für richtig. Wir werden mit einem konkreten Vorschlag für eine Gesetzesänderung an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) herantreten.“ Die vollständige Pressemeldung können Sie über www.brak.de > Für Journalisten > Pressemitteilungen abrufen.

 

 

BMF-Schreiben 

Steuerliche Maßnahmen zur Eindämmung von Corona-Folgen

Die Bundesrechtsanwaltskammer (= BRAK) weist in ihrem Sondernewsletter vom 28.05.2020 darauf hin, dass das Bundesministerium der Finanzen (BMF) während der Corona-Pandemie verschiedene Verwaltungsregelungen getroffen und BMF-Schreiben dazu veröffentlicht habe. Diese betreffen u.a. steuerfreie Zusatzleistungen für Arbeitnehmer, Kurzarbeitergeld, den Umgang mit Verlusten und die Fristen zur Abgabe der Lohnsteuer-Anmeldungen sowie Möglichkeiten zur Stundung von Steuerzahlungen, zur Senkung von Vorauszahlungen und im Bereich der Vollstreckung. In diesem Newsletter findet man auch die direkten Verlinkungen zu den sieben BMF-Schreiben. Der Newsletter ist über www.brak.de > Zur Rechtspolitik > Nachrichten aus Berlin > 2020 > Sondernewsletter v. 28.05.2020 abrufbar.

 

 

Für den Praxisalltag des Insolvenzbüros

Neuer Dienstleister hat das beA übernommen

In einer Presseerklärung vom 15.06.2020 erklärt die Bundesrechtsanwaltskammer, dass die Wesroc GbR als neuer Dienstleister den beA-Betrieb von der Atos Information Technology GmbH Anfang Juni übernommen habe und damit die im September 2019 eingeleitete aufwändige Transitionsphase (= Übergangsphase), d.h. den sukzessiven Wechsel vom bisherigen auf den neuen Betreiber, erfolgreich abgeschlossen wurde. Alle Daten konnten sicher und verlustfrei aus dem alten in das neue System übernommen werden. Der Betreiberwechsel war erforderlich, weil die geschlossenen Verträge über die Entwicklung, den Betrieb und den Support des beA zum 31.12.2019 ausgelaufen waren. Darüber berichteten wir in InsbürO 2019, 438.

 

 

Neues von (insolvenzrechtlichen) Verbänden

Kurzinterviews mit VID-Vorstand bzw. -beirat

Der VID hat Ende Mai 2020 auf seiner Homepage verschiedene Interviews seiner Mitglieder aus dem Vorstand bzw. dem Beirat veröffentlicht. Darin geht es um die Themen „Digitalisierung im Insolvenzverfahren“, „Insolvenzsicherung von Verbrauchern“, „Berufsrecht für Insolvenzverwalter“ und die „Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz“.  Sie stammen alle vom Deutschen Insolvenzverwalterkongress im Nov. 2019. Wenn Sie auf den jeweiligen Link klicken, werden die Interviews über Youtube geöffnet. Sie sind allesamt nur wenige Sekunden bzw. Minuten lang.

 

Allgemein

Großer Anteil der Revisionsverfahren beim BFH erfolgreich

Der Jahresbericht des BFH für 2019 zeigt, dass Deutschlands Finanzämtern offensichtlich viele Fehler unterlaufen“, so eine Meldung auf www.lto.de: Vor Deutschlands höchstem Finanzgericht haben 2019 40 % der klagenden Bürger und Unternehmen ihre Prozesse gegen den Fiskus in zweiter Instanz gewonnen. 2018 betrug der Anteil der siegreichen Kläger sogar 46 %. Zu den möglichen Ursachen äußerte sich der BFH nicht. Bei den Nichtzulassungsbeschwerden seien die „Steuerpflichtigen“ in 17 % der Fälle erfolgreich gewesen. Insgesamt entschieden die elf Senate des BFH im vergangenen Jahr 2334 Verfahren. Diae Pressemeldung des BFH können Sie über www.bundesfinanzhof.de > Pressemitteilungen > Text „Jahresbericht“ einsehen oder den Beitrag dazu unter www.lto.de > Suchkriterium „Fiskus macht Fehler“ lesen.