08.05.2020

Rechtsprechungsüberblick

Unternehmensinsolvenzen

 

(Keine) Persönliche Haftung des Kommanditisten für Masseverbindlichkeiten und -kosten 

OLG Stuttgart, Urt. v. 02.08.2019 – 20 U 44/18, ZInsO 2019, 2328

Aus der Begründung:

Nach der Rechtsprechung des BGH besteht für die durch den Insolvenzverwalter begründeten Masseverbindlichkeiten – anders als für außerhalb des Insolvenzverfahrens entstandene Verbindlichkeiten – schon aus insolvenzrechtlichen Gründen keine Haftung der Gesellschafter (BGH, Teilurt. v. 24.09.2009 – IX ZR 234/07, Rn. 11, ZInsO 2009, 2198; …) … Auch für die Kosten des Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO), …, haftet der Gesellschafter nicht mit seinem Privatvermögen (BGH, Teilurt. v. 24.09.2009 – IX ZR 234/07, Rn. 19, ZInsO 2009, 2198; …). Die zur Haftung von Gesellschaftern einer OHG ergangene BGH-Entscheidung ist nach überwiegender Auffassung der obergerichtlichen Rechtsprechung auf die Haftung von Kommanditisten übertragbar (… OLG München, Urt. v. 12.03.2019 – 18 U 2812/18, Rn. 27 ff., ZInsO 2019, 1225) … Die sekundäre Darlegungslast des Insolvenzverwalters erstreckt sich auf die bis zur letzten mündlichen Verhandlung eingegangenen Rückzahlungen der Kommanditisten (vgl. OLG Dresden, Urt. v. 27.06.2019 – 8 U 2001/18, S. 6 f., ZInsO 2019, 1536). Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme des Kommanditisten ist derjenige des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BGH, Urt. v. 30.01.2018 – II ZR 95/16, … Rn. 60, ZInsO 2018, 1103) und die entsprechenden Informationen liegen nur dem Insolvenzverwalter vor.

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

Das OLG Stuttgart hat die Revision zugelassen und dazu ausgeführt, der BGH habe zur Verwendung von Kommanditisten-Rückzahlungen für Masseverbindlichkeiten und -kosten bislang nicht abschließend entschieden und einige OLG würden insoweit für eine Haftungsinanspruchnahme des Kommanditisten, verbunden aber mit der Möglichkeit eines Haftungsrückgriffs auf den Insolvenzverwalter plädieren (vgl. OLG München, Beschl. v. 28.03.2019 – 14 U 3954/18, ZInsO 2019, 1277, OLG Frankfurt/M, Urt. v. 14.05.2019 – 5 U 85/18). Die Revision ist auch eingelegt worden. Das Verfahren ist – per Stand 06.03.2020 - beim BGH unter dem AZ: II ZR 182/19 anhängig. Es gibt im Übrigen weitere Entscheidungen des OLG Stuttgart – also desselben Gericht wie das aktuell Entscheidende - zu dieser Thematik:OLG Stuttgart, Urt. v. 31.07.2019 – 20 U 33/18, WKRS 2019, 41227 und OLG Stuttgart, Urt. v. 31.07.2019 – 20 U 30/18, ZInsO 2019, 2221). Auch dort hatte das OLG Stuttgart die Haftung verneint.

 

 

Zur Darlegungs- und Beweislast des Insolvenzverwalters für Ansprüche gegen Kommanditisten 

OLG München, Urt. v. 09.05.2019 – 14 U 1064/18, ZInsO 2019, 2319  

Aus der Begründung:

Zutreffend ist … zwar der Einwand der Beklagten, dass die Tabellenstatistik gem. Anl. … kein Beweismittel darstellt, da es sich nicht um die Originaltabelle handelt. Ein Beweismittel ist jedoch erst erforderlich, wenn hinreichend substanziierter Sachvortrag in rechtlich relevanter Weise bestritten worden ist. Der BGH hat am 20.02.2018 im Verfahren II ZR 272/16 nicht entschieden, dass eine Klage des Insolvenzverwalters aus § 171 Abs. 2 ZPO nur dann substanziiert ist, wenn die Originaltabelle mit den festgestellten Forderungen vorgelegt wird, sondern ausgeführt, dass die Vorlage der Insolvenztabelle zum Zwecke der substanziierten Darlegung des klägerischen Anspruchs ausreichend sei. Eine Aussage darüber, dass entsprechender Sachvortrag, der auch durch Bezugnahme auf aus sich heraus verständliche Anlagen erfolgen kann (…) ohne Vorlage der Originaltabelle unzureichend sei, ist in dem entsprechenden Leitsatz nicht enthalten und wäre auch den allgemeinen zivilprozessualen Regeln fremd. … Der Senat schließt sich … den zutreffenden Ausführungen des OLG Koblenz in der … Entscheidung v. 23.10.2018 im Verfahren 3 U 265/18 auf Seite 6 an, dass auch die für den Ausfall festgestellten Forderungen gem. § 52 Satz 1 InsO in voller Höhe zur Insolvenztabelle festgestellte Forderungen von Insolvenzgläubigern sind und zunächst bei der Frage der Unterdeckung zu berücksichtigen sind. Über die bereits vom OLG Koblenz genannten Argumente hinaus ist anzuführen, dass Absonderungsberechtigte die Möglichkeit haben, auf ihr Absonderungsrecht zu verzichten (…), wodurch dann der volle Betrag, der zum Ausfall festgestellten Forderung aus der Insolvenzmasse zu befriedigen ist, was ebenfalls dafür spricht, derartige Forderungen bei der Frage der Unterdeckung in vollem Umfang zu berücksichtigen.

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen: 

Die Revision wurde zwar nicht zugelassen, weil die Sache keine grds. Bedeutung i.S.v. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO habe und sich der Senat bei seiner Entscheidung an der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert habe. Es wurde aber Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht. Das Verfahren ist – per Stand 06.03.2020 - beim BGH unter dem AZ: II ZR 132/19 anhängig.

 

 

Insolvenzrechtliche Anforderungen an die Betriebsfortführung und das Gewerbeuntersagungsverfahren

AG Hannover, Beschl. v. 10.12.2019 – 905 IN 548/19 – 1, ZInsO 2020, 101

Aus der Begründung: 

Gewerberechtliche Hindernisse für eine Betriebsfortführung spielen in die Entscheidung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO nicht hinein. Dass jene einer Betriebsfortführung und damit zugleich den Zielen des Insolvenzverfahrens entgegenstehen können, hat der Gesetzgeber der InsO nicht übersehen. Er hat den Konflikt zwischen Insolvenz- und Gewerberecht an anderer Stelle, nämlich in § 12 GewO, eingeführt durch Art. 71 Nr. 1 EGInsO, geregelt und bewusst zugunsten des Insolvenzverfahrens aufgelöst (BT-Drucks. 12/3803, S. 103). … Dieses Primat des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Ge-werbeuntersagungsverfahren (…) stellt aber nicht zugleich ein Primat des Insolvenzgerichts gegenüber den Verwaltungsbehörden und den für Streitigkeiten aus dem Gewerberecht zuständigen VG (§ 40 VwGO) dar. Vielmehr ergibt sich aus dem lückenlosen Gesamtregelungszusammenhang, dass § 12 GewO von jenen in den dortigen behördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren selbst zu berücksichtigen ist. Eine Art Zuständigkeits- und/oder Verfahrenskonzentration zugunsten des Insolvenzgerichts bzw. Insolvenzverfahrens dergestalt, dass im Rahmen einer Betriebsfortführungs- oder Betriebsstilllegungsentscheidung das Insolvenzgericht verbindlich auch über eine gewerberechtliche Untersagungsverfügung befindet, also ob diese zu befolgen ist oder nicht, ist dem gesetzlichen Regelungskonzept nicht zu entnehmen.

 

 

 

Anfechtungsrecht

 

Ausschluss des Bargeschäftes nur bei Kenntnis der fehlenden Rentabilität

BGH, Urt. v. 19.09.2019 – IX ZR 148/18, ZInsO 2019, 2412

Leitsätze des Gerichts: 

1. Handelt der Schuldner bei einem bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausch mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, weil er fortlaufend unrentabel arbeitet und deshalb auch der Austausch gleichwertiger Leistungen keinen Nutzen für die Gläubiger erwarten lässt, kann eine Kenntnis des Anfechtungsgegners von seinem Benachteiligungsvorsatz regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn dieser von der fehlenden Rentabilität weiß. 

2. Die Darlegungs- und Beweislast für diese Kenntnis des Anfechtungsgegners trifft den anfechtenden Insolvenzverwalter. 

 

 

Bargeschäft kein Ausschlussgrund für Anfechtung eines Gesellschafterdarlehen

OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.2019 – I-12 U 8/19, ZInsO 2019, 2628

Aus der Begründung:

Die Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist nicht gem. § 142 Abs. 1 InsO ausgeschlossen, da das Bargeschäftsprivileg, wie der BGH (Urt. v. 14.02.2019 – IX ZR 149/16, Rn. 40 ff., …) … in der bis zum 04.04.2017 geltenden Fassung unter Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten entschieden hat, bei der Anfechtung der Besicherung eines Gesellschafterdarlehens generell nicht gilt. … Die Besicherung eines Gesellschafterdarlehens kann … regelmäßig nicht als übliches Umsatzgeschäft des allgemeinen Geschäftsverkehrs angesehen werden. Stattdessen kommt es hierdurch zum Abfluss letzter, womöglich noch werthaltiger Sicherheiten aus dem Gesellschaftsvermögen, ohne dass das operative Geschäft unmittelbar befördert wird (BGH, Urt. v. 14.02.2019 – IX ZR 149/16 Rn. 53 …). … Die vorstehenden Erwägungen gelten in gleicher Weise für § 142 Abs. 1 InsO in der ab dem 05.04.2017 geltenden Fassung. 

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt. Das Verfahren ist beim BGH unter dem AZ: IX ZR 253/19 anhängig.

 

 

Zur Unentgeltlichkeit bei Tilgung fremder Schuld

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.09.2019 – I-12 U 38/19, ZInsO 2019, 2631 (rkr.)

Leitsatz des Gerichts:

Die Tilgung einer fremden Schuld, für die mehrere Personen als Gesamtschuldner haften, ist nur dann als unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, wenn die Forderung gegen sämtliche Gesamtschuldner wertlos ist. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt beim klagenden Insolvenzverwalter.

Aus der Begründung:

Die Zahlung der Schuldnerin i.H.v. … € an das FinA K zur Steuernr. … auf die Steuerverbindlichkeiten der Mutter ihres Geschäftsführers ist nicht als unentgeltliche Leistung gem. § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar. … Aufgrund der Gesamtwirkung der Erfüllung bestehen mehrere Drei-Personen-Verhältnisse, auch wenn die Schuldnerin hier nur auf die Verbindlichkeit der Mutter ihres Geschäftsführers zahlen wollte. Denn für die Erfüllungswirkung der Drittzahlung ist es gleichgültig, ob der Dritte für alle oder nur für einen Gesamtschuldner leisten wollte (…). … Die Ablehnung von PKH kann ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf Auslegungshilfen, die von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellt werden, ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann (…). Das ist hier der Fall, da bei zutreffender Betrachtung der Rechtsverhältnisse es nicht auf die Wertlosigkeit der Forderung des beklagten Landes gegen die Mutter des Geschäftsführers der Schuldnerin ankommt, sondern darauf, ob die Forderungen gegen sämtliche Gesamtschuldner wertlos sind. Dies ist auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu beantworten.

                  

 

Zum Nachweis der Kenntnis von Sozialversicherungsträgern – Wissen des Hauptzollamtes

BGH, Urt. v. 31.10.2019 – IX ZR 170/18, ZInsO 2020, 91

Amtlicher Leitsatz:

Der unter Vorlage von Zahlungsaufstellungen gehaltene Vortrag des Insolvenzverwalters, der Schuldner habe Sozialversicherungsbeiträge nicht nur an den beklagten Anfechtungsgegner, sondern auch an weitere Sozialversicherungsträger erst nach der Beauftragung des Hauptzollamtes mit der Vollstreckung beglichen, reicht aus, um die Voraussetzungen für eine Zurechnung des Wissens des Hauptzollamtes zu schaffen; nähere Darlegungen zur Person des Erstellers der Listen und zu den Informationsquellen sind keine Schlüssigkeitsvoraussetzungen (Ergänzung zu BGH, Urt. v. 07.05.2015 – IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262).

 

 

Anfechtung einer Darlehensrückzahlung nach § 135 InsO

BGH, Urt. v. 21.11.2019 – IX ZR 223/18, ZInsO 2020, 89

Amtlicher Leitsatz:

Hat die Gesellschaft ein Darlehen ihrem Gesellschafter tlw. erstattet, wird die damit verbundene Gläubigerbenachteiligung durch eine nachfolgende Zahlung des Gesellschafters an die Gesellschaft nicht beseitigt, wenn der Gesellschaft in diesem Umfang eine weitere Darlehensforderung gegen den Gesellschafter zusteht.

Aus der Begründung:

Nr. 14: Es kann nicht angenommen werden, dass die am 14.08.2013 infolge der Darlehensrückzahlung eingetretene Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) i.H.v. 3,5 Mio. € ausgeglichen wurde, indem die Beklagten (= Gesellschafter) der Schuldnerin am 16.12.2013 Darlehensmittel über 4,5 Mio. € zur Verfügung stellten. … Rn. 19: Die Beseitigung einer Gläubigerbenachteiligung kommt nur in Betracht, wenn die fragliche Zahlung allein auf den Anfechtungsanspruch angerechnet werden kann. Diese Annahme verbietet sich, wenn eine sonstige Forderung der Schuldnerin gegen ihren Gesellschafter begründet ist. … Rn. 21:Im Streitfall geht es um eine von den Beklagten (= Gesellschafter) auf der Grundlage eines wirksamen Vertrages vor Verfahrenseröffnung gewährte Darlehenszahlung. Die hypothetische Erwägung, ob ein Darlehensanspruch der Schuldnerin gegen die Beklagten auch nach Verfahrenseröffnung bestanden hätte, ist im Rahmen der Insolvenzanfechtung ohne Bedeutung. 

 

 

 

Steuerrecht

 

Rechtsfolgen der Feststellung einer Steuerforderung zur Insolvenztabelle

BFH, Urt. v. 17.09.2019 - VII R 5/18, WKRS 2019, 48145

Amtliche Leitsätze:

1. Ein Tabelleneintrag im Insolvenzverfahren kann gemäß § 178 Abs. 3 InsO auch im Haftungsverfahren Bindungswirkung entfalten.

2. Die Eintragung in die Tabelle ersetzt im Insolvenzverfahren den Steuerbescheid und wirkt u.a. gegenüber allen Insolvenzgläubigern gemäß § 178 Abs. 3 InsO für die festgestellte Forderung wie ein rechtskräftiges Urteil.

Aus der Begründung:

Rn. 28: … Könnten Insolvenzforderungen von den am Verfahren beteiligten Insolvenzgläubigern in einem Rechtsstreit nochmals nach Beendigung des Insolvenzverfahrens bestritten werden, müsste praktisch die Forderungsfeststellung des Insolvenzverfahrens wiederholt werden, was dem Sinn und Zweck des Verfahrens widerspräche (…). Denn Einwendungen gegen angemeldete Insolvenzforderungen sollen im Prüfungstermin vorgebracht werden, … Rn. 29: … Dass ein Tabelleneintrag gemäß § 178 Abs. 3 InsO nicht nur für das Insolvenzverfahren selbst gilt, sondern etwa auch Auswirkungen auf das finanzgerichtliche Verfahren hat, entspricht ständiger Rechtsprechung (…). … Rn. 36: … Er (= der Geschäftsführer) hatte die Möglichkeit, der Feststellung der Forderung des FA zur Tabelle im Prüfungstermin zu widersprechen und seinen Widerspruch weiter zu betreiben (§§ 179 ff. InsO). … Rn.                      37: Dass er diese Möglichkeit nicht genutzt hat, weil ihn - so sein Vortrag - der Insolvenzverwalter nicht von sich aus über die Bedeutung dieses Termins aufgeklärt und er gedacht habe, es sei Aufgabe des Insolvenzverwalters oder des FA zu ermitteln, ob die GmbH die Lohnsteuern zutreffend angemeldet habe, lässt die Haftungsinanspruchnahme nicht als grob unbillig erscheinen. 

Anmerkung Insolvenzsachbearbeiterin Michaela Heyn, Ahlen:

Zu dieser Thematik sei auf einen Beitrag von Busch hingewiesen (InsbürO 2019, 115: Die Anmeldung von Steuerforderungen im Insolvenzverfahren), in dem u.a. die Haftung der Geschäftsführer aufgrund der zur Insolvenztabelle festgestellten Forderungen erörtert wird. 

 

 

Pflicht zur Vermeidung des Anfalls von Steuerschulden durch Organvertreter einer GmbH 

OVG NRW, Beschl. v. 15.11.2019 – 14 B 1443/19, ZInsO 2020, 100 (rkr.)

Leitsatz des Gerichts:

Auch in dem Zeitpunkt, in dem wegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung für die Geldspielgerätesteuer schuldende GmbH ein Insolvenzantrag hätte gestellt werden müssen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 InsO) oder wegen drohender Zahlungsunfähigkeit hätte gestellt werden können (§ 18 InsO), hat der gesetzliche Vertreter der GmbH die nötige Vorsorge zu treffen, dass durch den Weiterbetrieb der Geldspielgeräte erkennbar entstehende weitere Steuerschulden im Zeitpunkt der Fälligkeit getilgt werden können. Das kann auch durch einen Insolvenzantrag geschehen, der bewirkt, dass die nach Insolvenzeröffnung insoweit anfallenden Steuerschulden Masseverbindlichkeiten sind.

Zum Sachverhalt:

Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen Haftungsbescheid, der abgelehnt wird.

Aus der Begründung:

Den Vertreter einer steuerschuldenden juristischen Person trifft die Pflicht, Vorsorge zu treffen, dass erkennbar entstehende Steuerschulden im Zeitpunkt der Fälligkeit getilgt werden können (Mittelvorsorgepflicht). (Zur Mittelvorsorgepflicht vgl. BVerwG, Urt. v. 09.12.1988 – 8 C 13.87, Rn. 20 f.; BFH, Urt. v. 20.5.2014 – VII R 12/12, Rn. 11 ff. …) … Eine Form der Mittelvorsorge (= Insolvenzantragstellung) hat der Antragsteller augenscheinlich unterlassen, … Allenfalls wird sich die Frage stellen, ob und inwieweit die Antragsgegnerin (Finanzverwaltung) ein Mitverschulden an der Schadensentstehung trifft, weil sie dem Treiben nicht durch eigenen Insolvenzantrag ein Ende bereitet hat.

 

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